Jetzt haben die Euro-Staaten doch noch zu einer gemeinsamen Sprache in der Griechenland- und Eurokrise gefunden: Sie werden das Problem an der Wurzel packen und gegen die Spekulation auf den Finanzmärkten kämpfen.

Angela Merkel spricht von einem „Kampf der Politik mit den Märkten“, der Luxemburger Premier Jean-Claude Juncker von einer „weltweit organisierten Attacke gegen den Euro“, und auch Bundeskanzler Werner Faymann fällt in das allgemeine Halali auf die Spekulanten ein.

Aha. Nicht etwa die katastrophale Verschuldungspolitik der Griechen, die gefälschten Statistiken, die Schuldenberge in der ganzen EU sind Schuld an der Krise, sondern jene Investoren, die aus dieser Entwicklung  ihre Schlüsse ziehen und griechische und andere Euro-Staatsanleihen auf den Markt werfen.

Nun wäre es schön gewesen, wenn es gelungen wäre, die Märkte davon zu überzeugen, dass Griechenland gerettet ist und auch Portugal und Spanien keine größeren Probleme haben. Aber wenn es die meisten Ökonomen das nicht glauben, warum sollen es dann Fondsmanager und Banken tun, die ihren Kunden und Aktionären gegenüber verpflichtet sind, klug zu investieren?

Der Anstieg der Renditen für Griechenland-Papiere ist zutiefst rational: Einem Land, das selbst nach einer massiven Hilfsaktion immer noch pleite zu gehen droht, leiht man als private Institution Geld nur mit hohen Risikoaufschlägen.  Wenn die Euro-Partner dies billiger machen, ist es ihr gutes Recht, aber sie können die Märkte nicht zwingen.

Die Explosion der Spreads auf den Credit Default Swaps (CDS), den massiv gehandelten Versicherungskontrakten, ist  ebenso logisch. Sie reflektieren die Einschätzung des Gesamtrisikos, und die ist im Falle der europäischen Südländer zuletzt deutlich gestiegen.

Auch die angebliche Spekulation gegen den Euro ist weitaus weniger sinister als es scheint. Erstens ist der Euro bloß auf einen Wert zurückgefallen, den er vor 14 Monaten hatte, und gilt unter vielen Analysten immer noch als überbewertet. Und zweitens gibt es gute fundamentale Gründe für die Bewegung aus dem Euro in den Dollar.

Nein, die Spekulanten sind Europas geringstes Problem, und wer nun erklärt, man wird sie stoppen und so den Euro retten, ist entweder verblendet wie Don Quijote (was man von Faymann noch gut glauben kann) oder aber tut das bewusst, um von den eigenen Fehlern im Krisenmanagement abzulenken.

Ein gemeinsamer Feind – und seien es auch nur Windmühlen - schweißt selbst völlig zerstrittene Staaten und Politiker zusammen und macht sich auch in einem Wahlkampf  - Stichwort Nordrhein-Westfalen- gut. Da erhält Merkel sogar von der Bild-Zeitung Applaus.

Ähnlich ahnungslos und/oder zynisch sind die jüngsten Angriffe auf die amerikanischen Ratingagenturen. Ihnen wird nicht etwa vorgeworfen, dass sie Griechenland jahrelang viel zu hoch geratet haben, sondern dass sie jetzt endlich die Ratings der tristen Realität anpassen. Dass gerade in dieser Situation nach einer europäischen Ratingagentur zeigt, dass eine solche eine Todgeburt sein muss. Denn wenn eine Ratingagentur erst Sarkozy und Merkel fragen muss, bevor sie ein Rating reduziert, dann wird sie von niemand ernst genommen.

Ja, der Euro ist unter Druck, und viele Staaten müssen fürchten, dass die Bereitschaft internationaler Fonds, ihnen Geld zu leihen, deutlich sinkt.  Früher haben Könige ihre - meist jüdischen - Banker unter Androhung von Gewalt zu weiteren Krediten gezwungen, wenn sie pleite waren. Heute versucht man es mit aggressiver Rhetorik.

Wenn die EU-Staaten die Spekulation wirklich stoppen wollen, dann müssen sie – vor allem Portugal und Spanien – glaubwürdige Pläne zur Schuldenreduzierung vorlegen. Abgestimmt wird dann per Knopfdruck in tausenden Handelsräumen. Das mag den Politikern nicht gefallen, aber „perfide“, wie Merkel wohl gegen besseres Wissen behauptet, ist es nicht.