Österreich ist mit mindestens 2,3 Milliarden Euro am Rettungspaket für Griechenland beteiligt. Ob das die österreichische Verschuldungssituation verschlechtere und den Konsolidierungsbedarf erhöhe, ist eine in diesen Tagen häufig gestellte Frage.

Die Antwort lautet: unmittelbar nicht. Die Hilfe für Griechenland besteht darin, dass sich alle anderen Euroländer verschulden, um die aufgenommenen Gelder an Griechenland als Kredit weiterzugeben. Die fünf Prozent Zinsen, die Griechenland dafür zahlt, sind wesentlich weniger, als potenzielle Gläubiger - so sich noch welche finden - auf den Finanzmärkten verlangen. Da allerdings die meisten anderen Euroländer selbst für die zur Weitergabe an Griechenland aufgenommenen Kredite weniger als fünf Prozent Zinsen zu zahlen haben, haben sie keine zusätzlichen Ausgaben.

Auch das Budgetdefizit steigt nicht, den für Griechenland eingegangenen Schulden steht ja eine Kreditforderung an das Land gegenüber. Was sich erhöht, ist der Schuldenstand: in Österreich um 0,75 Prozentpunkte auf dann 74,6 Prozent des BIPs 2012. Allerdings steigt nur die Bruttoverschuldung. Da Österreich im Gegenzug einen Anspruch gegenüber Griechenland erwirbt, steigt die Nettoverschuldung jedoch nicht.

Neben diesen eher technischen Aspekten waren rund um die Rettungsaktion verschiedene nicht sehr zielführende Debattenbeiträge zu hören: etwa der Vorwurf, man überlasse den Griechen, obwohl sie sich ihre Finanzmisere selbst zuzuschreiben habe, einfach so enorme Summen. Gleichzeitig müsse in Österreich der Gürtel enger geschnallt werden. Dabei wird erstens übersehen, dass die Kreditzahlungen an sehr strenge Auflagen geknüpft sind. Das Land muss sein Defizit von fast 14 Prozent bis 2014 auf die in EU-Europa erlaubten drei Prozent drücken und wird dafür eine schwere Rezession mit einem massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit sowie große Einkommenseinbußen hinnehmen müssen. Zweitens ist das Griechenland-Paket genau genommen ein EU-Rettungspaket.

Denn ein Bankrott und/oder Austritt Griechenlands aus der Eurozone würde Banken in Österreich und der EU stark belasten, sie müssten große Teile ihrer griechischen Anleihen abschreiben, Kredite an Österreichs Konsumenten und Investoren verteuern, Euro und Außenhandel schaden.

Sicherlich ist das griechische Budgetchaos zu einem großen Teil selbst verschuldet, aber - und das führt zu einer weiteren häufig gehörten Forderung, wonach nun die Kontroll- und Koordinationsmechanismen zu stärken seien - die Mängel der "griechischen Statistiken" sind seit langem bekannt. Sie wurden nicht aus Unkenntnis zu wenig problematisiert, sondern ignoriert: obwohl etwa schon 2005 die OECD darauf hinwies, dass Griechenland von 1993 bis 2003 seine offiziellen Budgetsalden durchschnittlich um 2,35 Prozentpunkte pro Jahr durch Einmalmaßnahmen, Ausgliederungen und Budgetkosmetik schönte.

Dass Griechenland für seine unbestritten mehr als unsolide Finanzgebarung von den Finanzmärkten so hart abgestraft wird, sollte allerdings ganz andere Debatten auslösen: über längst überfällige Fundamentalreformen der Finanzmärkte - angefangen bei einer europäischen Ratingagentur über das Verbot bestimmter spekulativer Finanzinstrumente bis hin zur Einführung einer EU-weiten Finanztransaktionssteuer. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8./9.5.2010)