Wien - Der börsenotierte Internetdienstleister webfreetv.com dürfte von der Börse fliegen. Grund: Die Firma soll gesetzlich vorgeschriebene Transparenz- und Mitteilungspflichten grob vernachlässigen, wie es am Freitag aus Behördenkreisen hieß. Der Handel mit Aktien der webfreetv.com an der Wiener Börse wurde Freitag Mittag bis auf weiteres ausgesetzt , teilte die Wiener Börse mit. Die Orders müssen neu erteilt werden.

Von der Finanzmarktaufsicht (FMA) verlautete, sie habe die Börse AG informiert, "Kenntnis von Sachverhalten" erlangt zu haben, die den Widerruf der Zulassung der Aktien der webfreetv.com Multimedia Dienstleistungs AG zum geregelten Freiverkehr rechtfertigen. Die Wiener Börse AG wurde von der FMA beauftragt, diesbezüglich eine "Überprüfung" vorzunehmen, so die Mitteilung der Aufsicht. Die FMA machte selber vorerst keine Angaben zu den Hintergründen.

webfreetv-Vorstand Peter Merschitz zeigt sich heute gegenüber derStandard.at  "sehr überrascht, dass wir keine Information von der FMA bekommen haben" ebenso "dass wir vom Börsenhandel ausgesetzt sind. Wir waren in den letzten Monaten im engen Kontakt mit der FMA und haben unserer Meinung nach alle Informationspflichten eingehalten. Wir sind zuversichtlich, dass wir sobald wir die Möglichkeit zur Stellungnahme bekommen, diese Problem lösen werden."

Öfters mal fast pleite

In den vergangenen Jahren war webfreetv.com mehrmals knapp an einer Pleite vorbeigeschrammt - und auch die jüngste wirtschaftliche Entwicklung gibt Anlass, das Schlimmste zu befürchten: Im ersten Halbjahr 2009 schaffte es der Internet-Dienstleister, mehr Verlust als Umsatz einzufahren. Bei einem Umsatz von 320.059 Euro betrug der Halbjahresverlust 405.590 Euro. Die Veröffentlichung der Jahresbilanz wurde vor einer Woche auf den 31. Mai 2010 verschoben, dann sollen auch die Zahlen für das erste Quartal des laufenden Jahres bekanntgegeben werden.

Dass bei dem seit März 2000 an der Wiener Börse notierten Unternehmen Feuer am Dach ist, zeigt der vor einer Woche erfolgte Wechsel an der Spitze des Unternehmens - als neuer Vorstandschef hat der bisherige stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Christian Tomaschek die Löscharbeiten selbst in die Hand genommen. Ihm stehen die beiden bisherigen Vorstände Alexander Vogel und Peter Merschitz zur Seite. Für eine Stellungnahme zur drohenden Verbannung von der Börse war bei webfreetv bis Mittag niemand zu erreichen.

Hauptaktionär der webfreetv ist laut Firmenhomepage mit 27,53 Prozent die Athena Burgenland Beteiligungen AG, hinter der mittelbar die burgenländische Landesholding, die BAWAG P.S.K. und die Hypo Burgenland stehen. 7,68 Prozent hält die Pioneer Investments Austria GmbH, 5,51 Prozent die Connexio alternative holding AG, an der auch Christian Tomaschek beteiligt ist. Der Rest der Aktien befindet sich im Streubesitz. (APA/red)