Viel Arbeit mit Entscheidungen des Asylgerichtshofs: VfGH-Präsident Gerhart Holzinger

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hob Ende April zwei Entscheidungen des Asylgerichtshofs (AGH) auf.

Verfassungsrechte verletzt

Obwohl der VfGH nur grobe Rechtsverstöße der AsylrichterInnen "ahnden" kann, sah er sich in zwei Fällen Ende April dazu gezwungen. Sie betreffen eine Asylwerberin aus Kamerun und einen Asylsuchenden aus dem kurdischen Teil der Türkei. In beiden Fällen habe der Asylgerichtshof verfassungsmäßig garantierte Rechte verletzt, meinen die HöchstrichterInnen.

Ausweisung ohne Prüfung

Konkret wurde die Kamerunerin, Mutter eines in Österreich geborenen Babys, ausgewiesen, obwohl sie angab, im Zuge einer Demonstration von Gendarmen vergewaltigt worden zu sein. Der Asylgerichtshof bestätigte zwar, "dass Sicherheitskräfte in Kamerun willkürlich und unverhältnismäßig Gewalt anwenden und, dass Misshandlungen und Vergewaltigungen von Häftlingen häufig sind". Trotzdem prüften die AsylrichterInnen nicht, ob die Frau nach einer Rückkehr möglicherweise bedroht sein könnte.

Kein Bleiberecht trotz Familie

Im zweiten Fall geht es um den Ausweisungsbescheid gegen einen türkischen Staatsangehörigen, der sich in Österreich bei einem kurdischen Verein engagiert. Der Asylgerichtshof habe sich "in keinster Weise" damit beschäftigt, wie sich diese Vereinsmitgliedschaft für ihn im Fall einer Rückkehr in die Türkei auswirken würde, so die Kritik des VfGH. Zudem hätten die RichterInnen bestehende familiäre Bande in Österreich ignoriert.

Dass der Asylgerichtshof vom VfGH gerügt wird, ist keine Seltenheit. Pro Quartal würden "fünf bis zehn" Entscheidungen aufgehoben, sagt VfgH-Sprecher Christian Neuwirth auf derStandard.at-Anfrage. "Dass der Asylgerichtshof seine Entscheidung nicht so begründet, dass man weiß, worum es geht - das ist keine Neuigkeit. Das kommt immer wieder vor", so Neuwirth. Auch im Fall des kurdischen Asylwerbers kamen die VerfassungsrichterInnen zu diesem Schluss: Der Spruch des AGH "entspricht nicht dem rechtsstaatlichen Gebot der Begründung gerichtlicher Entscheidungen", heißt es in der Begründung.

VfGH überlastet

Seit Juni 2008 ist der Asylgerichtshof die letzte Instanz im Asylverfahren. Die Möglichkeit eines Gangs zum Verwaltungsgerichtshof wurde von der rotschwarzen Regierung abgeschafft. Seither klagt der Verfassungsgerichtshof regelmäßig über eine hohe Belastung durch Asylfälle. (Maria Sterkl, derStandard.at, 5.5.2010)