Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines Wassertropfens auf einem Schwimmfarn-Blatt (koloriert). Die schneebesenartigen Härchen sind gut zu erkennen, ebenso wie der hydrophile Bereich an ihrer Spitze, mit dem sie den Tropfen festhalten.

Foto: Nees-Institut, Universität Bonn

Bonn - Bioniker suchen stets nach "Erfindungen" der Natur, die sich auf die Lösung technischer Probleme anwenden lassen. Die Placoidschuppen der Haifischhaut sind ein klassisches Beispiel dafür, wie sich der Reibungswiderstand eines schwimmenden Körpers reduzieren lässt. Aber auch Pflanzen sind dazu in der Lage: Forscher der Universitäten Bonn, Karlsruhe und Rostock haben untersucht, wie sich der Schwimmfarn Salvinia molesta in ein langlebiges Luftkleid hüllt und somit im Wasser einer geringeren Reibung ausgesetzt ist.

Superhydrophob

Schwimmfarne stammen ursprünglich aus den südamerikanischen Tropen und erlebten durch menschliche Mithilfe eine nahezu weltweite Verbreitung. Taucht man den normalerweise an der Oberfläche ruhiger Gewässer treibenden Schwimmfarn ins Wasser und zieht ihn danach wieder heraus, perlt die Flüssigkeit sofort von ihm ab. Danach ist er wieder komplett trocken. Oder richtiger: Er war nie wirklich nass. Denn unter Wasser hüllt sich der Farn in ein hauchdünnes Kleid aus Luft. Diese Schicht verhindert, dass die Pflanze mit Flüssigkeit in Kontakt kommt - selbst bei einem wochenlangen Tauchgang.

Der Trick gelingt dem Farn dadurch, dass auf der Oberfläche seiner Blätter winzigkleine schneebesenartige Härchen sitzen, die das Wasser auf Distanz halten. Das ist aber nur eine Seite der Medaille: "Wir haben zeigen können, dass die äußersten Spitzen dieser Schneebesen hydrophil sind, also wasserliebend", erklärt Wilhelm Barthlott von der Uni Bonn. "Sie tauchen in die umgebende Flüssigkeit ein und 'tackern' das Wasser gewissermaßen in regelmäßigen Abständen auf der Pflanze fest. Die darunter sitzende Luftschicht kann daher nicht so leicht entweichen."

Treibstoffsparen

Materialforscher nennen ein solches Verhalten "superhydrophob". Diese Eigenschaft ist für viele Anwendungen von Interesse - etwa für schnell trocknende Bademode oder auch für Sprit sparende Schiffe. Bei den riesigen Containerschiffen etwa geht mehr als die Hälfte der Antriebsenergie durch Reibung des Wassers am Rumpf verloren. "Oberflächen nach dem Vorbild des Schwimmfarns könnten den Schiffbau revolutionieren", sagte Alfred Leder von der Universität Rostock. Weil Schiffe riesige Spritschlucker seien, könnte durch neuartige, reibungsärmere Schiffrümpfe "wahrscheinlich ein Prozent des weltweiten Gesamtverbrauchs an Treibstoff" eingespart werden, prognostiziert Barthlott.

Es ist inzwischen möglich, superhydrophobe Oberflächen nach dem Vorbild der Natur zu konstruieren. Diese "Nachbauten" haben aber einen Nachteil: Die Luftschicht, die sich auf ihnen bildet, ist zu instabil. In bewegtem Wasser verschwindet sie spätestens nach einigen Stunden. Durch die neuen Erkenntnisse über den "Salvinia-Effekt" soll es nun jedoch gelingen, langlebige Luftkleider zu erzeugen. (red/APA)