Die Meldungen vom Ableben des Euro waren etwas verfrüht. Das muss man nach der Verabschiedung des Kredithilfspakets der Eurostaaten für Griechenland zuerst festhalten - in Anlehnung an die ironische Replik des Schriftstellers Mark Twain, als er mit der Falschmeldung über sein Ableben in einer Zeitung konfrontiert wurde.

Die "Märkte" , wie es bei vielen Kritikern der Währungsunion so schön heißt (ohne dass je präzisiert wird, welche handelnden Subjekte damit gemeint sein könnten), scheinen sich wieder etwas zu beruhigen. Das wilde Spekulieren gegen ein Euroland hat dem Warten darauf Platz gemacht, ob die Lage in Griechenland nicht doch noch eskaliert - damit man dann aus dem Untergang Profit schlagen kann.

Von den Griechen hängt tatsächlich ab, ob das Kalkül des Eurokrisenmanagements aufgeht: Sie müssen mitspielen und die mühsame Sanierung ihres Landes zustande bringen. Wenn nicht, wäre jede großzügige Hilfe aus der Union zwecklos.

Aber zunächst hat die Ebene der Politik in Europa das Gesetz des Handelns gegenüber "den Märkten" zurückerobert. Der Rahmen für Kredithilfen und Zeitplan fiel auch ziemlich präzise genauso aus, wie das die Staats- und Regierungschefs im März vorgegeben hatten. Die EU ist eine Schnecke, aber am Ende vernünftig.

Keine Rede davon, dass die Union in ihrem Bestand gefährdet sein könnte, wie das in einer Mischung aus Angst/Lust am Scheitern seit Wochen quer durch die Länder kolportiert wird - unter manch ungustiöser nationalistischer Begleitmusik.

In Letzterer liegt wohl nach wie vor die größte Gefahr für das gemeinsame Europa: wenn führende Politiker oder auflagengeile Meinungsmacher glauben, die "Gunst" der Stunde der Wirtschaftskrise für ihr spalterisches nationalistisches Wirken erfolgreich nützen zu können.

Österreich liefert mit den blauen Aufmischern Strache und Mölzer, der eine neue Währungsunion nur mit Deutschland verlangt, ein gutes (schlechtes) Beispiel: Solchen Leuten sollten wir aber - Stichwort: Euro-Mark - nicht auf den Leim gehen.

Über "den Pleitegriechen" (Bild), Europa am Ende, über "Euroland abgebrannt" (Der Spiegel) war zuletzt vor allem im deutschsprachigen Raum zu lesen. Auf der anderen Seite des Rheins, wo Staatspräsident Nicolas Sarkozy neuerdings Studien über "die französische Identität" anstellen lässt, um über sein Reformversagen hinwegzutäuschen, macht sich etwa der angesehene Intellektuelle Alexandre Adler Sorgen: um die deutsche Eiserne Lady, Kanzlerin Angela Merkel, die sich angeblich von Paris ab- und Moskau zuwende: "Preußisch, stark, slawophil" sei sie - schreibt er.

Eine Fehleinschätzung: Merkel (und noch mehr Finanzminister Wolfgang Schäuble) hat das Richtige getan - beide haben zunächst die (entscheidende) deutsche Milliarden-Hilfe an sehr harte (finanz-)politische Auflagen für Athen geknüpft. Und in der Folge verlangt, dass die Regeln für alle Euro-Partner nachgebessert, notfalls verschärft werden müssen: mehr Rechte für die Statistikbehörde Eurostat, bessere wechselseitige Budgetkontrolle.

Oder anders betrachtet: Die Union soll politisch stärker werden gegenüber den Nationalstaaten, aber finanzpolitisch nicht verwässert. Nur so kann der Euro hart bleiben. Länder wie Österreich müssten das stark begrüßen. Erstaunlicherweise hört man vom Regierungschef dazu sehr wenig. (Thomas Mayer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.5.2010)