Wien - An der gerade von den Euro-Finanzministern beschlossenen Griechenland-Hilfsaktion führe kein Weg vorbei, darüber waren sich die Teilnehmer der Diskussionsrunde des ORF-Fernsehens "Im Zentrum" zum Thema "Jobkrise" am Sonntagabend einig. Differenzierter fielen die Vorschläge für den österreichischen Arbeitsmarkt und eine Konjunkturbelebung aus. Der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Karl Aiginger, fordert ein Impulspaket für die Zukunft Österreichs. Dies könne auch gegenfinanziert werden, indem "alte Zöpfe gekürzt werden", meinte er.

Konkret nannte Aiginger das Projekt Koralmtunnel, Hacklerpension und Spitalsbetten, die steuerliche Begünstigung für Überstunden oder den Alleinverdienerabsetzbetrag für Kinderlose. Hier könne überall ausgabenseitig gespart werden, während in Bildung und Forschung investiert werden solle. Der Faktor Arbeit müsse dringend entlastet werden, wiederholte Aiginger bereits seit langem erhobene Forderungen. Der Unterschied zwischen Brutto- und Netto-Löhnen sei besonders im niedrigeren Einkommensbereich zu groß. Am Arbeitsmarkt erwartet der Wirtschaftsforscher im nächsten Jahr steigende Arbeitslosigkeit, weil das Potenzial der Arbeitskräfte wachse und das Wachstum nicht ausreiche.

AMS-Vorstand Johannes Kopf erläuterte den scheinbaren Widerspruch, dass gleichzeitig Beschäftigung und Arbeitslosigkeit zunehme. Wiedereinsteigerinnen nach der Babypause sowie Junge drängen bei einer Verbesserung der Wirtschaftssituation verstärkt auf den Arbeitsmarkt. Die auslaufenden Übergangsfristen für die neuen EU-Staaten träfen den Arbeitsmarkt eher bei den Unqualifizierten, hier müsse man gegensteuern.

Kein Sparen über alle Bereiche

"Sparen quer über alle Bereiche funktioniert nicht", gab ÖGB-Bundesfrauenvorsitzende Brigitte Ruprecht zu bedenken. Die Arbeitnehmer, die die Krise nicht verursacht hätten, dürften nicht die Last der Krisenbewältigung alleine tragen. Die Gewerkschafterin will dort ansetzen, "wo das Geld liegt", und sprach sich für die Bankenabgabe und die Einführung einer Finanztransaktionssteuer aus.

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (V) will "intelligent sparen". Die Umstrukturierung der Industrie weg von der Konzentration auf automotive Bereiche hin zu Zukunftsbereichen wie Grüner Energie, Umwelt und Medizintechnik habe schon begonnen. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (S) setzt zur weiteren Verbesserung der Lage am Arbeitsmarkt auf Umschulungen. Im Herbst werde ein Kompromiss zum Thema Budgetkonsolidierung stehen, mit sozialer Symmetrie, versicherte der Minister. Eine Mehrwertsteuererhöhung komme aber nicht in Frage.

Das Sparpaket in Griechenland werde trotz der Proteste zumindest großteils umgesetzt werden, so die Erwartungen in der Diskussionsrunde. Die Demonstrationen seien ein Versuch, bei der Lastentragung ein gerechtes Muster durchzusetzen, damit alle Gruppen der Gesellschaft - Unternehmer und Arbeitnehmer - mittragen, meinte Aiginger. In Griechenland sei sehr viel Reichtum konzentriert, es gebe eine ungleiche Vermögens- und Machtteilung, und die Ministerpräsidenten kämen aus nur zwei Familien. Dass wenig Steuern gezahlt wurden, liege wohl nicht nur an den Niedrigeinkommensbeziehern, sieht er eine Mitverantwortung der Reichen für die Budgetnöte des griechischen Staates. Für Europa sei eine europäische Rating-Agentur notwendig. Ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone würde die Probleme nur verschärfen, warnte Aiginger. (APA)