Griechenland ist nun also abgehakt. Mit den Hilfen von IWF und Eurozone wurde die Gefahr eines Flächenbrands heldenhaft abgewehrt. So klingen in etwa die Aussagen der politisch Verantwortlichen rund um den Bail-out Athens. Die Realität sieht leider anders aus. Griechenland ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was den europäischen Steuerzahlern noch aufgetischt wird. Seit dem Ausbruch der Krise wurden erst Banken gestützt, dann Konjunkturpakete geschnürt, um nun ganze Staaten aufzufangen. Das wird sich rächen.

In der allgemeinen Hektik hat kaum jemand die Frage gestellt, wer all das bezahlen soll. Hauptsache die Feuerwehr rückt aus, lautete das Motto. Was da eigentlich gelöscht werden musste, war zweitrangig. Unter dem Beifall jener Ökonomen, die mit dem Schreckgespenst der Großen Depression warnend immer massivere Interventionen forderten, wurden Politiker für ihre Handlungsbereitschaft gefeiert. Die Rückkehr des Staates wird beklatscht, ohne dass die Folgen seines Einsatzes bedacht würden.

Die sind heute kaum abschätzbar, eines kann aber mit Sicherheit gesagt werden: Die astronomischen Schulden können nur mit massiven Steuererhöhungen und/oder Ausgabenkürzungen wieder abgebaut werden. Die Rede ist von weltweit 36 Billionen Dollar an staatlichen Außenständen, deren Bedienung Einschnitte der Sonderklasse erfordern wird. Bisherige Erfahrungen mit weit gelinderen Schuldenkrisen geben eine kleine Vorstellung auf das, was den Staaten bevorsteht: Historisch betrachtet kostete die Aufräumarbeit in Form einer Senkung der Verschuldung um ein Viertel durchschnittlich zwei bis drei Jahre Rezession.

Die Abfederung des wirtschaftlichen Zusammenbruchs wird also mit einer bestenfalls langen Stagnation bezahlt. Mehr Zurückhaltung bei den Staatsinterventionen hätte fraglos zu einer steileren Kurve nach unten geführt, allerdings wäre es nach der harten Landung auch wieder steiler nach oben gegangen. Dass die Wirtschaft in den 1930er-Jahren mangels öffentlicher Gegenmaßnahmen immer weiter schrumpfte, sticht nicht wirklich. Vielmehr setzten die wichtigsten Regierungen damals die falschen Schritte, erhöhten die Zinsen, sparten und flüchteten sich in Protektionismus. Zudem waren automatische Stabilisatoren kaum vorhanden.

In der aktuellen Krise kommt erschwerend hinzu, dass die Budgets der Industriestaaten, und hier vor allem jener in Europa, ohnehin schon durch die alterungsbedingten Kosten überstrapaziert sind. Deutliche Abstriche wären so schon unumgänglich gewesen, nun müssen sie umso heftiger ausfallen. Was sich zudem bisher wenig herumgesprochen hat: Die genannten Belastungen existieren in den aufstrebenden Schwellenländern kaum bis gar nicht. Steuererhöhungen im Westen werden den Wettbewerbsvorteil Chinas, Indiens oder Brasiliens noch ausdehnen und Investitionen noch stärker in diese Regionen lenken.

Doch diese relativ simple Botschaft scheint nirgendwo anzukommen. Vielmehr spekulieren die Staaten, dass sie schon irgendwie der Schuldenfalle entrinnen können, wenn nur das Wachstum wieder anspringt. Inzwischen wird weiter alles aufgefangen was fällt, und - wie im Falle Griechenlands - verschleiert, dass die (auf Pump finanzierten) Kredithilfen nie wieder zurückfließen werden. Die vielgerühmte Rückkehr des Staates führt direkt in die nächste Tragödie.(Andreas Schnauder, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 3.5.2010)