Noch wird in der "Pilothalle Aggregate" geübt – damit dann, bei Serienanlauf, jeder Handgriff sitzt.

Foto: Andreas Stockinger

Dazudenken muss man sich eine schicke Verkleidung. Im Keller sind sogar schon ein paar dieser Blockheizkraftwerke in Betrieb.

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Auch dieses legendäre Meisterstück kommt aus dem VW-Motoren- und Komponentenwerk in Salzgitter: Bugatti-16-Zylinder mit 1001 PS.

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Doc Brown wirft Bananenschalen, gemähten Rasen und anderen Biomüll in den Miniatur-Bio-Reaktor, um im Fusionskraftwerk an Bord des De Lorean die nötige Energie von 1,21 Gigawatt bereitstellen zu können. Ohne die funktioniert der Fluxkompensator nicht, die Zeitreise zurück in die Zukunft mit Marty McFly wäre blockiert, die Welt würde nicht gerettet werden.

Zurück in die Gegenwart. Da probt VW gerade den Einstieg in die Energieversorgung der Zukunft – aber nicht so fern wie die Sache mit dem Fluxkompensator, und es geht auch nicht gleich um 1,21 Gigawatt. Sondern um 20 Kilowatt. Das dafür aber gleich zehn- bis hunderttausendfach. Und es geht natürlich auch um die Rettung der Welt, irgendwie. Vor dem drohenden Klima-Kollaps.

Die Idee ist so clever, dass man bedauern muss, dass sie zunächst (ab Sommer) nur in Deutschland, Hamburg, bald dann auch Berlin, realisiert wird. VW baut im Motorenwerk Salzgitter rund 1,2 Millionen Aggregate jährlich. Darunter einen 2,0-Liter-Erdgasmotor – und der ist die Basis für etwa mannshohe Blockheizkraftwerke (BHKW) "Ecoblue" mit je 20 kW elektrischer Leistung, Wirkungsgrad 94 Prozent (u.a., weil auch die entstehende Wärme gespeichert wird in Form von Warmwasser), Gewicht: 680 kg. Derzeit übt man in Salzgitter noch die letzten Handgriffe, dann wird die Produktion sukzessive hochgefahren, richtig großserienfähig wäre man Ende November, Jahreskapazität 15.000 Ecoblues, bei Kunden installiert werden 2010 aber erst mal nur 300, trotz riesengroßer Nachfrage. Aufgebaut ist das BHKW modular, es passt also in jeden Keller und lässt sich ruckzuck montieren. Erdgas ist Brennstoff heute, irgendwann dann Biogas.

Abnehmer, weltweit exklusiv, ist der junge Hamburger Energieversorger Lichtblick. Vermarktet würden die Einheiten als "Zuhausekraftwerke", erläutert Sprecher Ralph Kampwirth: an Kommunen, Wohnbaugesellschaften, Kirchen etc. – Einfamilienhäusler kämen als Kunden nicht in Frage.
Lichtblick übernimmt die Demontage der alten Heizung und den Einbau, Kostenpunkt: 5000 € – das BHKW bleibt allerdings im Besitz der Firma. So, und jetzt kommt's. Sind 100.000 Stück installiert, stehen 2000 MW zur Verfügung, was etwa der Kapazität zweier Atomkraftwerke entspräche. Das wäre auch Deutschlands größtes Gaskraftwerk, in Summe.

Man sieht sich damit als Baustein für die Stromversorgung der Zukunft, denn bei Bedarf wirft die Zentrale so viele Zuhausekraftwerke an, wie gerade gebraucht werden und speist den Strom ins Netz, intelligent gesteuert per Mobilfunk oder DSL – viel rascher, als man klassische Großkraftwerke je anwerfen oder abschalten könnte.

Flugs kompensiert man so also Schwankungen bei der Stromeinspeisung, auch ein griffiger Terminus dafür wurde schon gefunden: Schwarmstrom. Kampwirth: "Viele kleine Einheiten bilden eine große, leistungsfähige Gemeinschaft." Alle Windräder stehen still? Schwarmstrom wehrt der Netzflaute. Auf in die Energiezukunft also. Mit VW statt De Lorean. Hoffentlich bald auch bei uns. (Andreas Stockinger/DER STANDARD/Automobil/30.4.2010)