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Brillen sind bei Säuglingen und Kleinkindern Standard, Kontaktlinsen kommen nur in Ausnahmefällen zum Einsatz.

Foto: APA/Roland Scheidemann

Fehlsichtigkeit, Schielen oder angeborenen Augenkrankheiten müssen früh erkannt und behandelt werden. Der Grund: Die Sehfähigkeit eines Menschen entwickelt sich primär innerhalb des ersten Lebensjahres. Schwächen, denen während dieser Zeit nicht entgegen gesteuert wird, bleiben ein Leben lang bestehen.

"Was das Auge in der Kindheit nicht lernt, lernt es auch später nicht mehr", erklärt Susanne Nitsch, stellvertretende Leiterin der Sehschule an der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie im Landeskrankenhaus Salzburg. Die Ärztin verdeutlicht die Empfindlichkeit der Augen: "Wenn ein schwerer angeborener Grauer Star nicht innerhalb der ersten zwei Monate operiert wird, kann das zu einer lebenslangen Sehbehinderung führen." Ein diskreter Grauer Star sollte dagegen nicht operiert werden. Sofortiger Handlungsbedarf besteht laut Nitsch bei schielenden Babys oder wenn die Dioptriezahl beider Augen differiert.

Sehschwächen erkennen

Augenärztliche Diagnosen müssen Eltern nicht stellen, frühzeitige Sehschwächen erkennen können sie aber schon. Im Normalfall beginnen Säuglinge im zweiten Monat zu lächeln. Sie imitieren ihr Gegenüber, halten dabei Blickkontakt und sind in der Lage Gegenstände mit den Augen zu verfolgen. Tun sie das nicht, steht ein Besuch beim Augenarzt an. "Unkomplizierte Sehtests sind bereits ab der achten Lebenswoche möglich", erklärt Nitsch. Überprüft wird unter anderem, die Blickrichtung des Neugeborenen, die es bei Vorhalten einer einfärbigen oder gestreiften Platte einnimmt. Spiegeltests und Glitzerkugeln finden ebenfalls ihren Einsatz.

Augenuntersuchungen im Kleinkindalter

Laut Mutter-Kind-Pass sind augenärztliche Untersuchungen im Kleinkindalter vorgeschrieben: Die erste Kontrolle steht zwischen dem 10. und 14. Lebensmonat beim Kinderarzt an, die zweite mit Vollendung des zweiten Lebensjahres. Entscheidend ist herauszufinden, ob die Sehtüchtigkeit beider Augen ident ist, ob ein latentes Schielen vorhanden ist und ob die Augen in der Lage sind, zu fixieren. 

Aus Sicht der Augenexpertin sind diese Termine relativ spät angesetzt. Sie empfiehlt Eltern, schon bei der ersten Kontrolle die dann noch nicht vorgesehene Skiaskopie (Schattenprobe) durchführen zu lassen. Mit dieser Untersuchungsmethode wird die Dioptrienanzahl objektiv bestimmt und das Innere des Auges genau begutachtet.

Babys sind oft weitsichtig

Bei Fehlsichtigkeiten liegt die Weitsichtigkeit im Säuglingsalter besonders weit vorne. "Der Augapfel ist in diesem Alter noch relativ kurz, deshalb müssen sich die Babys besonders anstrengen um scharf zu sehen", erklärt Nitsch den Hintergrund. Bis zum Schulalter wächst das Auge in der Länge. Eine geringe Weitsichtigkeit reguliert sich also von selbst und die Kinder sitzen in diesem Fall mit voller Sehschärfe in der Klasse. Bei einer Dioptrienzahl von mehr als drei, wird die Sehentwicklung des Kindes genau beobachtet und über den Einsatz einer Brille entschieden.

Die Augenärztin differenziert hier exakt: "Liegt neben der Fehlsichtigkeit beispielsweise Augenzittern oder Schielen vor, dann ist auch bei geringer Dioptrienanzahl eine Brille unentbehrlich". Ab fünf Dioptrien Weitsichtigkeit ist ein Sehbehelf in jedem Fall und Alter ein Muss. Sieht ein Auge schlechter, wird neben dem Tragen einer Brille das gesunde Auge zugeklebt, um die Sehkraft des kranken Auges zu fördern.

Standardtherapie Brille

Kontaktlinsen werden bei Säuglingen und Kleinkindern nur in Ausnahmefällen verwendet, Standardtherapie ist immer die Brille. Diese wiederum besitzt spezielle Eigenschaften und unterscheidet sich erheblich von herkömmlichen Erwachsenenmodellen. "Kinder sind keine kleinen Erwachsenen", betont Nitsch. Entscheidend ist eine ovale Gläserform, die das Auge umschließt, da Kinder dazu tendieren nach oben zu blicken. Üblicherweise verwenden Hersteller für Kinderbrillen Kunststoff wegen der Bruchsicherheit, der Nasensteg wird aus hautfreundlichem Silikon produziert und bei den Ohrenbügeln wird besonders auf Biegsamkeit und Gummierung geachtet.

Kleinkinder finden sich in der Regel rasch mit dem Tragen von Brillen ab. Klar, bringen sie doch ab einer gewissen Dioptrienanzahl eine deutliche Verbesserung der Sehfähigkeit. Ganz anders bei einer Schielstellung, die korrigiert werden muss. Hier verspürt das Kind keine subjektive Verbesserung und versteht in der Folge die Notwendigkeit einer Brille oft nicht. (Maria Kapeller, Regina Philipp, derStandard.at)