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Karl-Heinz Grasser nach der Verhandlung am Dienstag: "Parteipolitische Verfolgung."

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Sein Widersacher und Ex-Mitarbeiter Michael Ramprecht, den Grasser wegen übler Nachrede geklagt hat, bleibt im Wesentlichen bei seiner Darstellung.

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Aktionismus vor dem Landesgericht Dienstagfrüh: "Bananenrepublikaner unmasked", eine Aktion der Gruppe "Straßengaleristen" (www.strassengalerie.at).

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Zweiter Verhandlungstag in der Causa Karl-Heinz Grasser gegen Michael Ramprecht am Dienstag Vormittag - und wie jedesmal, wenn der ehemalige Finanzminister einen Gerichtstermin hat, ist das Medieninteresse enorm. 35 Journalisten warten um halb zehn Uhr schon auf Grasser, dieser lässt sich aber vor Beginn der Verhandlung nicht blicken. Sein Widersacher Ramprecht ist schon eine Viertelstunde vor Beginn da und wartet geduldig.

Seinen früheren Kabinettsmitarbeiter klagte Grasser - wie mehrfach berichtet - wegen übler Nachrede: Ramprecht hatte via "Profil" behauptet, der Buwog-Verkauf im Jahr 2004 sei ein von Grasser gelenktes, somit abgekartetes Spiel gewesen. Das eineinhalb Jahre davor gestartete Verfahren zur Auswahl der Investmentbank, die den Verkauf begleiten sollte, sei von Grasser derart beeinflusst worden, dass Lehman Brothers statt der CA IB den Auftrag erhielt. Die für heute im Saal 205 des Wiener Landesgerichts angesetzte Verhandlung ist damit Teil eines Nebenverfahrens zur Buwog-Causa.

Hochegger kommt nicht

Im strafrechtlichen (Haupt-)Verfahren wird gegen Grasser sowie gegen die Lobbyisten und (früheren) Grasser-Vertrauten Peter Hochegger, Walter Meischberger und Ernst Karl Plech ermittelt, für sie gilt die Unschuldsvermutung. Im Nebenverfahren ist Grasser Kläger, als Zeugen wurden für heute unter anderen Hochegger, Meischberger und Plech geladen.

Einer kommt aber nicht: Peter Hochegger lässt sich entschuldigen. "Ein Geschäftstermin kam dazwischen. Fangen wir mit wem anderen an", sagt Richter Gerald Wagner.

"Sehr authentisch" vs. "Absoluter Schwachsinn"

"Profil"-Journalist Josef Redl tritt in den Zeugenstand. Er erklärt, wie sich die Recherchen vor dem inkriminierten Magazinbericht gestalteten: Man habe sämtliche damaligen Mitglieder der Vergabekommission (den Zuschlag erhielt letztlich Lehman Brothers, obwohl die Kommission bis zuletzt die CA IB favorisierte) durchgerufen, weil sich aus einem parlamentarischen Untersuchungsbericht Unregelmäßigkeiten herauskristallisiert hätten.

Die meisten Ex-Kommissionsmitglieder wollten gegenüber Redl und dessen Kollegin Ulla Schmid, die nach ihm als Zeugin auftritt, gar nichts sagen. Zwei sagten, es sei eine "seltsame Sitzung" gewesen, damals im September 2002. Der Zug sei plötzlich in eine ganz andere Richtung gefahren, als ursprünglich gedacht.

Nur Redl sprach mit Ramprecht, dieser sei ihm "sehr authentisch" und im Übrigen überhaupt nicht rachsüchtig vorgekommen. "Es schien, als wollte er sich eine große Last von der Seele reden." Reporterin Schmid fragte seinerzeit bei Grasser nach: "Absoluter Schwachsinn", richtete ihr der Finanzminister aus. "So ist es auch", sagt Grasser dazu heute im Saal 205 lächelnd - es sind seine ersten Worte an diesem Dienstag im Gericht.

"Aussagen oder nicht?"

Nach den beiden Journalisten wird Zeuge Meischberger aufgerufen. Richter Wagner weist ihn darauf hin, dass er sich der Aussage entschlagen kann, wenn er sich dadurch selbst belastet. Meischberger macht von seinem Recht, auf die Aussage zu verzichten, Gebrauch.

Keine Minute später wird Plech in den Raum gerufen. Er hatte bereits schriftlich angekündigt, ebenfalls nicht aussagen zu wollen. Der Richter hatte darauf bestanden, dass Plech persönlich in die Verhandlung kommt. Nun sitzt er da und entschlägt sich der Aussage. Dann will er doch was sagen, sich erklären, spricht ein paar schwer verständliche Wörter und wird vom Richter gleich nochmal gefragt: Aussagen oder nicht? Sekunden später verlässt Plech den Saal.

Nichts durchblicken lassen, nichts ausgelotet

Danach werden Grasser und Ramprecht befragt. "Mir als Finanzminister wurde in diesem Verkaufsprozess immer wieder berichtet, das ist klar", erklärt Grasser. Ob er aber im Gespräch mit seinem damaligen Kabinettchef und stellvertretenden Sektionschef im Finanzministerium, Heinrich Traumüller, jemals eine Präferenz für die Immofinanz (sie bot 961 Millionen Euro für die Buwog und bekam den Zuschlag vor der CA Immo, die 960 Mio. geboten hatten, Anm.) durchblicken habe lassen? Grasser weiß das nicht mehr. Der Ex-Finanzminister weist darauf hin, dass er nicht die Zeit gehabt habe, sich um diese Dinge zu kümmern.

Auf dreimalige Nachfrage von Ramprechts Anwalt Michael Pilz sagt Grasser: Ja, er könne ausschließen, dass er Druck ausgeübt habe. Dann will der Richter zusammenfassend wissen: "Haben Sie versucht, auszuloten, wie die Entscheidung ausfallen wird?" Grasser kann sich an einen solchen Versuch nicht erinnern.

Ramprechts Anwalt legt dann noch neue Dokumente vor: Sitzungsprotokolle zweier Sitzungen der Vergabekommission vom 5. und 6. September 2002, die er aus dem Finanzministerium erhalten habe. Und überraschenderweise erklärt Ramprecht dazu, dass er sich nun - nach Durchsicht der Protokolle - auch wieder genau an den Ablauf erinnern könne. Die Sitzung am 5. September sei auf seine Veranlassung hin unterbrochen worden, zwei Minuten vor der Auswahl jener Investmentbank, die den Verkauf des Buwog-Paketes begleiten sollte. Ernst Karl Plech, damals Aufsichtsratschef der Buwog und Mitglied der Vergabekommission, sagte aber: "Keine Entscheidung ohne Minister." Eine halbe Stunde lang, so Ramprecht, hätten die einzelnen Mitglieder der Vergabekommission dann versucht, Grasser zu erreichen - Fehlanzeige. Die Sitzung wurde für einen Tag unterbrochen.

Am 6. September sei Plech dann kurz vor der Sitzung zu ihm, Ramprecht, gekommen und habe gesagt: "Der Minister will Lehman."

"Das ist sieben Jahre her"

Warum er sich an diese für das Verfahren so wesentliche Sitzungsunterbrechung erst jetzt erinnern könne, will der Richter wissen. "Schauen Sie: Das ist sieben Jahre her. Ich weiß von der Sitzung rein gar nichts mehr", sagt Ramprecht. Erst das Durchlesen der Protokolle habe ihm die Erinnerung wiedergebracht.

"Warum haben Sie das nicht gleich nachrecherchiert, als unsere Klage eintraf, vor einem halben Jahr?", will Grassers Anwalt Michael Rami jetzt wissen. Ramprecht sagt, er baue gerade eine Firma auf und habe dafür keine Zeit gehabt. "Dieses Argument gilt nicht nur für den Minister, sondern auch für andere Leute, die arbeiten."

Eine recht wesentliche Berichtigung gibt Ramprecht dann noch zu Protokoll: Jenes Tennismatch mit Plech, in dessen Zuge ihm Plech erklärt haben soll, dass Grasser hinter der ganzen Geschichte stehe, habe nicht im Herbst 2002, sondern im Mai 2004 - also eineinhalb Jahre später - stattgefunden. Ramprecht hat schon beim ersten Verhandlungstag am 9. März ausgesagt, dass es nach diesem Gespräch zum großen Krach mit Plech gekommen sei, Ramprechts Frau habe danach ihren Job in Plechs Firma verloren.

Grasser sieht "parteipolitische Verfolgung"

Dann vertagt Richter Wagner die Verhandlung, am 10. Juni soll es weitergehen. Hochegger wird neuerlich als Zeuge geladen, außerdem jene Dame, die damals die Sitzungen mitprotokollierte - sie ist heute Richterin an einem Bezirksgericht.

Draußen sagt Grasser vor den zahlreich erschienenen Journalisten, dass es sich "immer klarer herauskristallisiert, dass das Ganze nichts anderes als eine parteipolitische Verfolgung eines erfolgreichen Finanzministers" sei, angestrengt von den Grünen und der SPÖ. Er zweifelt neuerlich Ramprechts Glaubwürdigkeit an und nimmt auch zur neuen Entwicklung Stellung, wonach ihm Meischberger einen Urlaub auf den Seychellen im Jahr 2004 bezahlt habe. "Ich habe jeden meiner Urlaube selbst bezahlt und ich habe ihm das selbstverständlich zurückgezahlt." (Martin Putschögl, derStandard.at, 20.4.2010)