Zur Person:
Robert Wasner ist Bereichsleiter Konzernaktuariat und Risiko Management bei der Uniqa Group Austria, kurz gesagt: Versicherungsmathematiker und anerkannter Aktuar. Der 41-jährige Oberösterreicher verbrachte nach Matura und Bundesheer sieben Monate beim UN-Einsatz auf den Golanhöhen. Im Anschluss studierte er in Linz Technische Mathematik, seine Diplomarbeit schrieb er im Bereich der Rückversicherungen. Bevor er 2002 bei der Uniqa anfing, war er unter anderem für die ehemalige AXA Nordstern Colonia, die 2003 von der Uniqa Versicherungen AG übernommen wurde, und für die Münchner Rückversicherungs-Gesellschaft tätig.

 

 

Foto: Maria Kapeller

"Sie bekommen von mir einen Spezialrabatt, weil Sie so ein treuer Kunde sind". Schon einmal gehört? Versicherungsvertreter haben üblicherweise einen gewissen Spielraum, was die genaue Summe der Prämie betrifft. "Die Rabatte hängen vor allem von der Risiko- und Kundensituation ab", erklärt Robert Wasner, Versicherungsmathematiker bei der Uniqa. Der Kundenstatus ergibt sich aus der Dauer der Kundenbeziehung, der Anzahl der Versicherungen und der Schadenssituation.

Stichwort Kunde: Natürlich gibt es Sparten, die weniger ertragreich sind. "Sturm- und Einbruchsversicherungen etwa verursachen heute höhere Schäden als Prämieneinnahmen, aber als Universalanbieter haben wir sie weiterhin im Sortiment", sagt Wasner. Ziel sei es zwar, dass jede Sparte selbsttragend sei, grundsätzlich herrsche aber kein Denken in einzelnen Bereichen sondern vielmehr in Kunden und wie "ertragreich" diese auf Dauer sind. 

Aktuar unterschreibt Bilanzabschlüsse

Wasners formale Berufsbezeichnung: Bereichsleiter Konzernaktuariat und Risiko Management. Aktuar ist ein vor allem branchenintern verwendetes Synonym für Versicherungsmathematiker. Um sich "anerkannter Aktuar" nennen zu dürfen, müssen bestimmte Voraussetzungen wie ein Mathematikstudium, Berufserfahrung und weitere Prüfungen sowie die Anerkennung durch die Interessensvertretung Aktuarvereinigung Österreichs (AVÖ) erfüllt sein. Mit dem Aktuarstatus erhält man die Befugnis, Bilanz- und Quartalsabschlüsse zu unterschreiben, wozu Wasner nicht nur in Österreich, sondern auch in den Konzerngesellschaften in Bulgarien berechtigt ist. Er weist darauf hin, dass aufgrund gesetzlicher Änderungen wie neuer Eigenkapitalvorschriften und eine risikoorientierte Unternehmenssteuerung auf das Berufsbild des Aktuars in den nächsten Jahren einige Änderungen beziehungsweise Erweiterungen zukommen.

Zeitintensive Datensammlung

Bei der Kalkulation von Prämien ist der 41-Jährige für so genannte Nicht-Lebensversicherungen wie Haushalts-, Unfall- oder Kfz-Versicherungen zuständig. "Rund 80 Prozent unserer Arbeit bestehen aus dem Sammeln von Daten, das Aufbereiten von Statistiken macht weitere zehn Prozent aus", erklärt Wasner. "Nur einen geringen Teil, rund zehn Prozent, verbringen wir mit der tatsächlichen Berechnung der Prämien."

Zurück zur Kfz-Versicherung: Merkmale wie Kilowatt, Alter, Bonus-Malus-Stufe oder Region werden gesammelt und mit dem über die Jahre aufgezeichnetem Schadensbestand verknüpft. "Auf dieser Basis kalkulieren wir die Prämienhöhe", erklärt Wasner. Im firmeneigenen Statistikprogramm erstellen die Mathematiker ihre Analysen. "Je mehr Informationen man einholen kann, desto höher ist der Marktvorteil gegen über den Mitbewerbern", sagt der Bereichsleiter. Die endgültige Prämienhöhe wird in den einzelnen Fachbereichen festgelegt, zur Orientierung dienen neben den hausinternen Berechnungen auch die Tarife der größten Konkurrenzunternehmen.

Reisen nach Osteuropa

Der studierte Mathematiker ist häufig in Osteuropa unterwegs, wo er auf die Einführung und Einhaltung hausinterner Standards in den einzelnen Gesellschaften der Unternehmensgruppe achtet. Kommt es zu einer neuen Übernahme, wirkt Wasner als Versicherungsmathematiker an der Prüfung des betroffenen Unternehmen mit. Englisch sei dafür Voraussetzung, im international besetzen Team werde zusätzlich auf Sprachenvielfalt geachtet - das Unternehmen ist neben Österreich in 20 weiteren Ländern, vor allem in Osteuropa, aktiv. Zusätzlich ist Wasner bei der Erstellung der vierteljährlichen Bilanzen miteingebunden. Im Wiener Büro im Uniqa-Tower leitet er drei Teams mit insgesamt 22 Mitarbeitern. "Obwohl technischen Studien eine männliche Dominanz nachgesagt wird, sind die Mitarbeiter in meinem Bereich fast zur Hälfte Frauen", erzählt der Oberösterreicher. 

Komplexes verständlich machen

Schwierig sei für ihn vor allem, die komplizierten Berechnungen auf eine verständliche Art und Weise herunterzubrechen: "Hochkomplexe Ergebnisse müssen verwendergerecht aufbereitet werden." Eine weitere Herausforderung sei es, den Vertriebspartnern zu erklären, dass es sich bei Mathematik und Statistik immer um Durchschnittsbetrachtungen handelt. "Natürlich kann der Einzelfall davon abweichen, aber es geht um die große Menge."

In die klischeebehaftete Mathematiker-Schublade will sich Wasner nicht stecken lassen. "Ich zähle mich zu den kommunikativen Menschen, da habe ich mir immer leicht getan." Das Interesse an der mancherorts als "trocken" angesehenen Angelegenheit Mathematik bestand schon in der Schule, "das war schon damals meine Stärke." Warum Versicherungsmathematik? "Ich wollte etwas Praktisches machen." (derStandard.at, 30.4.2010)