Sieben Tage drehen, acht Tage schneiden: die Reporterinnen Christine Grabner und Nina Horowitz beim "Schauplatz"-Produzieren mit Cutterin Petra Höher (von rechts).

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"Sieg heil" oder andere folgenschwere Sager waren in den gesichteten Ausschnitten nicht zu finden. In einer "Am Schauplatz"-Folge über Schlagersänger war damit freilich auch nicht ernsthaft zu rechnen. Sieben Tage tauchten Christine Grabner und Nina Horowitz in die Welt der Schnulzen ein. 15 Stunden Filmmaterial kamen zusammen. Mit Cutterin Petra Höher geht es im Schneideraum die nächsten acht Tage darum, aus der Fülle eine hochwertige 40-minütige Reportage zu machen. 

Die Turbulenzen um den Neonazi-Schauplatz, bei dessen Entstehung es nach FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zu inszenierten "Heil Hitler"-Rufen und Zahlungen bis zu 700 Euro gekommen sei, gehen an der gesamten Redaktion nicht spurlos vorbei, treffen sie, die als Flaggschiff seriösen Journalismus gelten, schwer. 

Sind journalistische Reportagen inszeniert? Ja und nein: "Wir versuchen Situationen herzustellen, wo Dinge passieren können", sagt Grabner. Der einstige Kinderschlagerstar Kurti Elsasser habe sich wehmütig an seinen ORF-Auftritt 1981 erinnert, erzählt Grabner. "Dann sag ich: 'Wie wär das, wenn wir noch einmal ins ORF-Studio gehen?' Ich konnte mir vorstellen, dass in einem für ihn so emotionalen Umfeld ein Moment größter Authentizität möglich ist." 

Gemeinsames Finden

Höher spielt die Szene an: Elsässer schaut in die leeren Tribünen, zu Tränen gerührt. "Hier reinzuschneiden wäre katastrophal", sagt Höher. "Wir drängen ihnen nichts auf, es ist ein gemeinsames Finden", erklärt Grabner.

Schnitte verstärken oder schwächen Emotionen ab: "Es kommt nicht darauf an, was man hinzufügt, sondern was man weglässt", sagt Höher. Beim Schlager-Schauplatz (Sendetermin: 16. April) ist das Ziel der Macherinnen, "Härten der Branche" darzustellen, sagt Horowitz. Mit Achtung und Respekt für die Protagonisten, ohne Zynismus: "Da steckt viel Idealismus und Herzblut drin." Gab es Aufwandsentschädigungen? "Keinen Groschen", sagt Grabner: "Wir mussten uns gegen Einladungen wehren."

Klagen gegen die Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen Amtsmissbrauch sowie Anstiftung zum Amtsmissbrauch und gegen Heinz-Christian Strache wegen Rufschädigung bringt "Schauplatz"-Chef Christian Schüller nach Ostern ein. Der Publikumsrat könnte die Causa am 12. April beraten. Konsequenzen kündigen sich schon vorher an: "Wir erarbeiten Richtlinien", sagt Schüller: "Mir ist klargeworden, dass man Fingerspitzengefühl nicht nach außen kommunizieren kann." (Doris Priesching, DER STANDARD; Printausgabe, 2.4.2010)