Die Flüchtlinge Mohammad Jan (vorne) und Aliou Bah (links) bereiten mit Haubenkoch Manfred Buchinger Speisen ihrer Heimat zu.

Foto: Standard/Urban

Wien - Im gut besuchten Lokal Michl's in der Wiener Innenstadt wird - plaudernd und am Glas nippend - auf den Beginn der Veranstaltung cooking for lobbying gewartet. Organisiert wurde der Abend von lobby.16, einem Verein, der junge Asylwerber in Sachen Ausbildung und Arbeit unterstützt.

Vier der Flüchtlinge, die von lobby.16 betreut werden, bereiten heute in der Küche mithilfe von Haubenkoch Manfred Buchinger kulinarische Spezialitäten aus ihrem jeweiligen Heimatland vor, während in Abwesenheit der zuständigen eingeladenen Politiker die allgemeine Asylsituation in Österreich diskutiert wird.

"Das Problem liegt darin, dass junge Menschen, die arbeiten wollen und können, einfach nicht dürfen", erklärt Veronika Krainz, Geschäftsführerin von lobby.16, einleitend und spielt damit auf die momentane Gesetzeslage an, wonach Asylwerber, deren Verfahren läuft, weder arbeiten noch eine Lehre machen dürfen.

Ihr Verein versucht, diesen Jugendlichen Zugang zu Bildung zu verschaffen, finanziert Kurse und ermöglicht "jobshadowing", eine gesetzliche Grauzone, wonach die Asylwerber Mitarbeitern in Betrieben für zwei Wochen "über die Schulter schauen" dürfen. "Dabei bleibt es meistens nicht, schließlich helfen sie gerne mit, was aber im Prinzip schon über das Gesetz hinausgeht", erläutert Krainz.

Ein Zeichen, dass Krainz mit ihrem Engagement nicht alleine ist, hat eine Klasse der HTL Rennweg gesetzt, indem sie für lobby.16 ein Werbevideo produziert hat. Schüler der HLTW Berghaidengasse haben den Abend mitorganisiert und einen Teil der Speisekarte beigesteuert.

Ein Blick auf diese verrät das bevorstehende Menü: Die Vorspeise bilden chinesische Frühlingsrollen und afrikanisches Atieke, ein Maniokgries, mit gebratenen Hühnerbruststreifen und Salat, gefolgt von Ghorme Sabzsi, der Hauptspeise aus Afghanistan, zubereitet mit Rindfleisch, Bohnen, Kräutern und Reis. Zur Nachspeise wird heimischer Kaiserschmarrn und Apfelstrudel angekündigt, zubereitet von drei Schülern, die mit den Flüchtlingen an der Podiumsdiskussion teilnehmen.

Aliou Bah aus Guinea macht dabei den Anfang. Er ist seit 2006 in Österreich, hat hier einen Hauptschulabschluss und die Polytechnische Schule gemacht und durfte auch kurzzeitig an der Rezeption eines Hotels in Wien arbeiten. "Die Leute dort hätten auch gerne gehabt, dass ich bleibe, aber ich darf eben nicht", meint er.

Omar Yeke, ein Mauretanier, berichtet von einer ähnlichen Erfahrung: "Ich habe ein Elektrikerpraktikum bei einer Firma gemacht. Sie hätten mich gern fest angestellt, aber ich habe keine Erlaubnis." Auch Ming Ching Chen hat im Laufe der zehn Jahre, die er nun auf den Ausgang seines Verfahrens wartet, diverse Kurse gemacht, aber keinen Zugang zur Arbeit bekommen. "Die Menschen glauben, es gefällt uns, auf Kosten des Staats zu leben und den ganzen Tag nichts zu tun, aber das stimmt nicht. So ein Leben ist nicht normal, es macht krank und depressiv", gibt Aliou Bah zu bedenken.

Einzig Mohammad Jan, der unter Subsidiärschutz steht, darf eine Lehre machen, worauf er aber zwei Jahre warten musste.

Kein Vertrauen ins Leben

Esmeralda Deliæ, Maturantin an der Berghaidengasse, hat ihre eigenen Erfahrungen mit dem Asylgesetz: "Meine Mutter und ich sind 1992 als Flüchtlinge aus Bosnien hergekommen. Dass sie damals keine Arbeitserlaubnis bekam, fand sie einfach unmenschlich. Das war für sie als Erwachsene schon eine harte Zeit - wie schwer muss das erst für Jugendliche sein, die dadurch nie Vertrauen ins Leben fassen können?"

Ihr Mitschüler Raphael Pagor meint dazu: "Ich verstehe Aliou, wenn er sagt, dass ihn so ein Tagesablauf krank macht. Für uns sind Ferien etwas Schönes. Aber wenn man nicht mehr weiß, was man mit sich anfangen soll, ist das eine Zumutung." Das Publikum applaudiert. (Vanessa Gstrein, Antonia Reiss/DER STANDARD Printausgabe, 01.04.10)