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Die automatisierte Erkennung von Altglas nach Farben gab es schon. Nun kann auch hitzebeständiges Sonderglas aussortiert und dadurch mehr Altglas recycelt werden.

Foto: Archiv

"Das weltweit erste industrietaugliche System zur Aussortierung von Sonderglas aus Recycling-Glasscherben" ist freilich ein idealer Preisträger, wenn es ein Jubiläum zu feiern gilt: Zum dreißigsten Mal wurde am 24. März vom Wirtschaftsministerium der "Staatspreis Innovation" für das innovativste österreichische Unternehmen vergeben. Immerhin 23 Mitbewerber hatte der steirische Betrieb Binder+Co im Vorfeld der Auszeichnung noch. 639 Projekte wurden insgesamt eingereicht, das sind sogar elf Prozent mehr als noch im Jahr davor. Aber "Öko-Innovationen, wie sie Binder+Co entwickelt, schaffen die Basis für ein intelligentes Wachstum und bringen uns neue Absatzmärkte im Export", begründete Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner den Jury-Entscheid.

Als Spezialist für Aufbereitungs-, Umwelt- und Verpackungstechnik ist das Gleisdorfer Unternehmen bereits Weltmarktführer in Sachen Glasrecycling. Die Basis dafür bildet das 1998 auf den Markt gebrachte System "Clarity", das bereits in der ersten und zweiten Generation Fremdstoffe im Recyclingglas erkennen und Farbunterschiede der Gläser wahrnehmen konnte. Zuletzt wurde gemeinsam mit der TU Graz und dem deutschen Fraunhofer-Institut für Optronik eine noch sensiblere Methode der automatisierten Farberkennung entwickelt - 16 Mio. Farben können damit unterschieden werden.

Diese Methode ist die Basis für das neue, verbesserte Verfahren, mit dem nun sehr unterschiedliche Glasqualitäten durch Lichtsensoren bestimmt werden können. Die bereits voll einsatzfähige Technologie beruht dabei auf dem sogenannten "Cut-out-Effekt": Verschiedene Glassorten absorbieren Licht mit unterschiedlicher Wellenlänge. Somit ist es durch den simultanen Einsatz von Farb- und UV-Lichtsensoren möglich, anfallendes Recyclingglas nach Farben zu sortieren. Mehr noch und wichtiger: Durch dieses Verfahren kann zudem auch Sonderglas - also stark hitzebeständiges Glas - erkannt und später aussortiert werden. Das war bislang nur durch den Einsatz von Röntgenstrahlen zu bewerkstelligen - eine teure Technologie, die noch dazu Risiken für die Arbeiter birgt.

Störfaktor Sonderglas

Notwendig ist das Aussortieren von hitzebeständigem Glas deshalb geworden, weil es gemeinsam mit organischem Material, Keramik und Metall zu den stärksten Störfaktoren bei der Glasproduktion zählt. Allerdings war es weder mit freiem Auge noch mit bisherigen Scanmethoden möglich, dieses Sonderglas zu erkennen. Glashersteller hatten somit in den letzten Jahren massive Probleme im Produktionsablauf: Sonderglas schmilzt nicht bei Temperaturen, die normalerweise bei der Glasschmelze herrschen. Deshalb verursachte es einerseits teilweise grobe Schäden an den Maschinen, und es erhöhte andererseits auch den Ausschuss wegen geringerer Glasqualitäten. Als unmittelbare Konsequenz musste der Recycling-Glasanteil bei der Herstellung reduziert und der Anteil des Primärrohstoffes wieder erhöht werden. Das neue Verfahren zur Erkennung von Sonderglas unterstützt demnach vor allem eine ressourcenschonendere Produktion von Glas - es kann wieder deutlich mehr Recyclingmaterial beigemengt werden.

Zum Einsatz kommen soll das patentrechtlich geschützte System daher auch in anderen ökosensiblen Bereichen der Glasproduktion. Eine EU-Verordnung aus dem Jahr 2008 schreibt etwa den maximalen Bleigehalt im Recyclingglas fest. Hier ist die Technologie grundsätzlich bereits geeignet, weitere Forschungsarbeit ist dafür aber noch nötig.

226.000 Tonnen Altglas wurden in Österreich im Jahr 2009 gesammelt - das ist so viel wie nie zuvor. Die Recyclingquote liegt mit mehr als 80 Prozent im europäischen Spitzenfeld. (Sascha Aumüller/DER STANDARD, Printausgabe, 31.03.2010)