Der "Wagenplatz Treibstoff" lud zur Pressekonferenz

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Wo letzte Woche noch Liedermacher aus Berlin auf der Bühne standen, Partys geschmissen und Festbuffets gekocht wurden, ist von Feierstimmung keine Spur mehr: Nach sechs Monaten musste der "Wagenplatz Treibstoff" seinen Platz in der Ausstellungsstraße 42 verlassen. Vorerst haben sich die rund 25 BewohnerInnen auf einer Fläche zwischen Prater und Trabrennbahn Krieau niedergelassen, das laut eigenen Angaben der Stadt Wien gehört. Dennoch breitet sich Sorge aus, "dass sich das Szenario vom letzten Sommer wiederholt", wie es Bauwagen-Besitzerin Alexandra formuliert.

Der letzte Sommer war geprägt von mehreren erzwungenen Umzügen und ergebnislosen Verhandlungen mit der Stadt Wien. Erst Mitte Oktober erklärte sich die LSE, eine Tochter der Wien Holding, gegen 1000 Euro Monatsmiete zu einer sechsmonatigen Zwischennutzung des ehemaligen Tennisplatzes in der Ausstellungsstraße bereit. Nun soll auf dem Areal ein Bürokomplex gebaut werden.

"Jede Menge Freiflächen"

Die Standortsuche geht nun weiter - an mangelnden Alternativen scheitere es nicht, ist Bewohner Valentin überzeugt: "Es gibt jede Menge Freiflächen in Wien." Es fehle an politischem Willen. Weder das Bürgermeisterbüro, noch die Stadträte für Wohnbau und Kultur hätten Gesprächsersuchen erwidert. "Die Stadtverwaltung hat uns komplett ignoriert."

Im Büro des Wohnbaustadtrats Michael Ludwig verweist man indes auf mangelnde Initiative der BewohnerInnen: "Wenn sie so wohnen wollen, dann sollen sie Vorschläge machen", sagt Ludwig-Sprecher Hanno Csisinko im Gespräch mit derStandard.at. Ihm seien jedenfalls keine Flächen in Wien bekannt, die für einen Wagenplatz in Frage kämen.

"Die Stadt Wien bekennt sich nicht dazu, dass es Wagenplätze braucht", bemängeln die Treibstoff-BewohnerInnen. "Richtig, wir bekennen uns nicht dazu", sagt Csisinko. "Das liegt auch nicht in unserem Aufgabenbereich". Sollte die Gruppe aber einen passenden Standort finden, "dann werden wir immer offen für Lösungen sein." Ein solcher Standort "ist mir aber nicht bekannt".

Solarpanele und Wasserkanister

Seit letztem Sommer habe sich der Bestand auf den beiden Wagenplätzen verdreifacht, sagt Bewohnerin Alexandra. Die Siedlungen leben weitgehend autark, beziehen Strom aus Solarpanelen und Wasser "aus Hähnen in der Umgebung". Wagenleben sei ihnen mehr als Selbstzweck, betont Valentin: Insgesamt hätten rund hundert Menschen den Platz für Workshops, Barbetrieb, Kunstveranstaltungen oder Plena genützt. Auch durchreisende WagenbewohnerInnen quartieren sich ein. "Wir wollen diese Stadt weiterentwickeln", verkündete das Kollektiv auf seiner Pressekonferenz am Montag.

Im Vorjahr waren Verhandlungen mit VertreterInnen der Stadt Wien nach einem überraschenden Rückzug von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig gescheitert. KritikerInnen werfen Ludwig vor, vor der Hetzpropaganda der Bezirks-FPÖ Donaustadt in die Knie gegangen zu sein. Ein Teil des ehemaligen Wagenplatzes in Simmering zog daraufhin auf eine Freifläche beim Hafen Freudenau, wo sie bislang geduldet wurden. Der andere Teil, der "Wagenplatz Treibstoff", wartet weiterhin auf eine endgültige Lösung.

"Keine Zeit" für Dauer-Umzug

Für einen Umzugs-Marathon wie im letzten Sommer fehle den BewohnerInnen die Zeit, meint Valentin: "Wir müssen schließlich arbeiten und studieren". Was tun, wenn sich wieder kein Platz finde? Sie sei optimistisch, dass die Stadtverwaltung Zugeständnisse mache, sagt Alexandra. Und wenn nicht, dann komme auch öffentlichkeitswirksamer Protest in Frage: "Der Heldenplatz ist groß." (derStandard.at, 29.3.2010)