Mehr Zweckbau als White Cube: Die neue "Multifunktionshalle" der Galerie Ropac - mit neuen Arbeiten von Imi Knoebel an den Wänden.

Foto: Ulrich Ghezzi, Galerie Ropac

Salzburg - 2600 Quadratmeter für Kunst: Eine Kunsthalle in Zeiten der Krise? Diese Frage wird Galerist Thaddaeus Ropac derzeit häufig gestellt. Bereits vor drei Jahren, also noch bevor der Kunstmarkt 2008 in Stillstand geriet, habe man mit dem Planen der neuen "Multifunktionshalle", die aus gut 2000 Quadratmeter Depot und insgesamt 400 Quadratmeter Präsentationsfläche besteht, begonnen. Als die Krise losbrach, habe es dann schon "eine Sekunde der Überlegung" gegeben. Generell habe die Galerie aber Glück gehabt und eher von der Krise profitiert. Man sei nun "besser positioniert".

Der Wunsch für ein zentrales Logistikzentrum (mit Depot, Fotostudio, Archiv etc.), das schnellen Zugriff auf die Werke erlaubt, existierte schon lange. Zu zerfleddert war die Situation mit Lager und Depots in verschiedenen Städten; jene in München und Köln wurden nun aufgegeben.

Außerdem "sind wir einfach in den Räumen am Mirabellgarten, aber auch in Paris, an unsere Grenzen gestoßen", erklärt Ropac. In der denkmalgeschützten Villa Kast hätten raumgreifende Arbeiten wie etwa von Anselm Kiefer sie oft vor fast unlösbare Platzprobleme gestellt, ergänzt Galeriedirektor Arne Ehmann. In den neuen Räumen in der Vilniusstraße kann sich sogar ein monströs großer Kiefer - wie die vierteilige, 2,8x7,6 Meter messende Arbeit The Fertile Crescent - luftig entfalten. Bei der feierlichen Eröffnung am Donnerstag hatte man diese und eine weitere Arbeit aus 2009 für einen slowenischen Sammler extra im Viewing-Room installiert - und (beide Werke im siebenstelligen Euro-Bereich) auch verkauft.

Nebenan zeigt man jüngste, auf eine stark farbige Werkphase reagierende Arbeiten Imi Knoebels in schwarz und weiß. Viermal im Jahr ergänzen das Programm dort nun Aktivitäten, die sonst nicht realisierbar wären. Große Installationen von Antony Gormley, Ilya Kabakov oder Richard Deacon. Vom Briten wird demnächst eine Stahl-Holz-Skulptur im Ausmaß von 11x8x4 Metern installiert. Ehmann kann sich aber auch kinoartige Präsentationen von Videokunst gut vorstellen.

Unspektakulär, sympathisch

Es sind lichte großzügige Säle, mehr Zweckbau als White Cube. Aber spröder Industriehallencharme breitet sich trotz der offen liegenden Dachkonstruktion nicht aus. Es ist unspektakulär. Sympathisch. Ehmann: "Die Architektur steht nicht im Vordergrund". Zwar ist die Lage in einem Industriegebiet auch nicht besonders repräsentativ. Aber von der Hauptgalerie ist man in nur wenigen Minuten dort. Dies war das entscheidende Argument für Salzburg. Denn eigentlich, gesteht Ropac, hätten sie diese Halle noch viel lieber in Paris gebaut. Die infrage kommenden Grundstücke waren aber mit 45 Minuten Anfahrzeit zu dezentral gelegen.

Jetzt müsse man die Pariser Sammler eben nach Salzburg bringen. Eigentlich kein Problem, aber dass die Direktflüge zwischen Salzach und Seine eingestellt wurden, sei freilich schon ein wenig lästig, räumt Ropac ein. Jetzt überwiegt aber die Freude über das "Fort Knox" der Kunst: "Sicherheitstechnisch sind wir voll up to date." Man sei sogar weltweit die einzige Lagerhalle für Kunst, die eine Sauerstoffreduktionsanlage habe. Bei Brandgefahr werde Sauerstoff abgesogen und Stickstoff eingeleitet: "Es kann also kein Brand entstehen." Ein Szenario wie bei Charles Saatchi 2004 in London ist ausgeschlossen: Bei einem Lagerhaus-Brand wurde ein Drittel seiner Sammlung, darunter zentrale Werke der Young British Artists zerstört.

"Aber schon zur Eröffnung stoßen wir an unsere Kapazitäten", bemerkt Ropac und blickt in die Zukunft. In drei Jahren müsse man eine neue Lösung haben. Vielleicht in Paris. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD/Printausgabe 27.3./28.3.2010)