So schnell kann's schief gehen, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk ethische Grundprinzipien der Dokumentation durch manipulative Handlungsanleitungen der Dokusoap substituiert. Einkäufe von Neonazis in einschlägigen Shops, die von ORF-Redakteuren bezahlt werden; ein Gemeinschaftsausflug im ORF-Bus zu einer FPÖ-Veranstaltung (zu der die Skins eventuell gar nicht wollten), der mit 100 Euro versüßt wird: Geht's noch? Das ist nicht kritisch, sondern bei freundlicher Auslegung schlicht unmöglich. Gut gemeint ist das Gegenteil von gut.

Wegen des publik gewordenen Bezahljournalismus wird nun - danke, lieber ORF - nicht über neonazistische Umtriebe, rechte Gedankenbrühen und blauen Alltagsfaschismus diskutiert, sondern über fragwürdige Drehmethoden und journalistische Glaubwürdigkeit. Dem FPÖ-Chef und Rosenkranz-Erfinder hat man leider einen ganzen Haufen Argumente gratis mitgeliefert; ob die Burschen nun tatsächlich animiert wurden, "Heil" -Parolen zu grölen (und ob, wie Strache behauptet, gar eine der Tonspuren gelöscht wurde), ist nur das Schlagobershäubchen drauf.

Das ohrenbetäubende Schweigen des ORF-Generals dazu erstaunt, nein, eigentlich nicht. Wann genau hat sich Alexander Wrabetz zuletzt geäußert - außer zum Transfer des chilischarfen Heinzl auf den Küniglberg? Er will wiedergewählt werden, dafür braucht er auch die blauen Stimmen - also besser die FPÖ nicht ganz vergrätzen?  (Andrea Schurian/DER STANDARD, Printausgabe, 26.3.2010)