Ankara - Angesichts des Vormarsches kurdischer Kämpfer im Nordirak hat die türkische Regierung am Freitag über eine Verstärkung ihrer Truppen im Grenzgebiet diskutiert. Vorerst will Ankara jedoch keine weiteren Soldaten entsenden, wie Außenminister Abdullah Gül nach dem Treffen des Generalstabs mit Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan mitteilte. Ankara hatte mit dem Einmarsch türkischer Truppen im Nordirak gedroht, falls die irakischen Kurden die gemeinsam mit den USA eroberten Städte Mossul und Kirkuk dauerhaft besetzen.

Die USA wollen Zusammenstöße zwischen türkischen und kurdischen Truppen verhindern und haben am Donnerstag zugesichert, dass die amerikanischen Streitkräfte in Kirkuk die Kontrolle übernehmen würden. Nach Angaben Güls ist dies geschehen. "Heute ziehen sich die irakischen Kurden aus Kirkuk zurück", sagte der Außenminister. "Sie werden auch aus Mossul in kürzester Zeit abziehen". Zudem seien türkische Verbindungsoffiziere auf dem Weg nach Kirkuk. Die Entsendung von Militärbeobachtern hatte Washington der Türkei zugestanden.

Gül warnte jedoch: "Wenn nötig, haben wir alle möglichen Pläne, aber für den Moment werden wir nichts unternehmen". Die Türkei befürchtet, dass die irakischen Kurden ihren Einfluss im Nachbarland ausbauen und so die Autonomiebestrebungen der kurdischen Bevölkerung im eigenen Land verstärken. Rund 5.000 türkische Soldaten stehen bereits seit geraumer Zeit im Nordirak, zehntausende sind an der Grenze stationiert.

Ankara sorgt sich auch um die Turkmenen in Kirkuk, die nach türkischen Angaben die Mehrheit der angestammten Bevölkerung stellen. "Versuche, die demographische Struktur dieser Orte zu verändern, sind inakzeptabel", sagte Gül. Ein Vertreter der irakischen Nationalen Front der Turkmenen hatte kurdische Kämpfer beschuldigt, sie hätten die Einwohnermeldeämter und Grundbuchämter geplündert, um "die Turkmenen auszulöschen". (APA/AP)