Das Finanzministerium versteht die Aufregung nicht: Da macht Karl-Heinz Grasser im Zuge der Steuerreform 2004 Hunderte Millionen für die Betriebe locker, und schon wieder hagelt es Kritik. Durch den halben Steuersatz - zumindest aber 20 Prozent auf nicht entnommene Gewinne - sollte die dünne Eigenkapitaldecke flächendeckend gestärkt werden, fordert die Wirtschaft seit Jahr und Tag. Geht nun der Gesetzesentwurf wie geplant durch, dann können sich das Steuerzuckerl nur ganz wenige, die dafür umso besser schmecken lassen.

Was ist passiert? Um das Budget zu schonen, wurden von vornherein oben die Kapitalgesellschaften - GmbHs und Aktiengesellschaften - ausgeschlossen. Von unten her zog Grasser eben den Mindeststeuersatz von 20 Prozent ein. Ergebnis: Einzelunternehmer und Freiberufler, die aufgrund magerer Gewinne weniger als 20 Prozent Steuer zahlen, haben vom Steuerzuckerl nichts. Und jene 50 Prozent aller Kleinunternehmer, die gar keinen Gewinn erzielen, bekommen naturgemäß auch keine Steuererleichterung zugestanden. Unterm Strich dürfen sich nach AK-Schätzung 20.000 Unternehmer und Freiberufler - weniger als zehn Prozent aller Firmen - über 400 bis 600 Millionen Euro an Steuererleichterungen freuen.

Finanzminister Grasser, vor nicht allzu langer Zeit noch Parteigänger der Bewegung zur Rettung des kleinen Mannes respektive des kleinen Unternehmers, macht heute Klientelpolitik für die Spitzenverdiener des Landes. Für Abertausende GmbHs, von denen die wirtschaftliche Hauptaktivität Österreichs ausgeht, gibt es nur tröstende Worte. Die Körperschaftssteuer soll bei der Steuerreform 2005 gesenkt werden. Wer das nicht glaubt, darf weiter auf den Wirtschaftsaufschwung hoffen. Auch den hat Grasser im Regierungsprogramm angekündigt. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 12.4.2003)