Busek stellte sich (und zwei Dutzend profilierten Zeitgenossen) die Frage, was wohl danebengegangen ist, als die Generation der heute über 60-Jährigen Verantwortung für das bereits wieder aufgebaute Land übernommen hat.

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In der zweiten Lebenshälfte neigen die meisten Menschen zu der Verklärung einer angeblich guten alten Zeit, in der alles besser gewesen sein soll. Und wenn sie selbst Gestalter dieser Zeit waren, dann nimmt das Eigenlob kein Ende mehr.

Nicht so bei Erhard Busek. Der Ex-Vizekanzler stellte sich (und zwei Dutzend profilierten Zeitgenossen) die Frage, was wohl danebengegangen ist, als die Generation der heute über 60-Jährigen Verantwortung für das bereits wieder aufgebaute Land übernommen hat: "Das war für uns ein Lernprozess, wobei ich mir nicht sicher bin, ob wir alles gelernt haben, was möglich war", schreibt Busek. Der katholische Journalist Heinz Nußbaumer antwortet ihm: Die Gesellschaft hat nicht nur zu wenig gelernt, sie hat auch verlernt zu vertrauen. Vertrauen ist aber Grundlage der Demokratie und des rechtsstaatlichen Prinzips - heute aber gilt die Unschuldsvermuung vielfach gar nicht mehr. Und die Medien gehen sowieso von einer Beweislastumkehr aus, sie spielen ein "Vertrauensvernichtungsspiel". Der Autor gibt zu, mitgespielt zu haben.

Ähnlich klagt der Justizexperte Roland Miklau darüber, dass die Rechtspolitik in Österreich zu wenig vorausschauend und selbstbewusst (und gegenüber Systemfehlern zu wenig selbstkritisch) angelegt wurde - auch wegen oft zu früher ideologischer Zuspitzungen, die unnötige Blockaden bewirkt haben.

Ex-KHM-Direktor Wilfried Seipel klagt (sich) an, dass die Kulturszene oft zu unkritisch war, vor allem, wenn Kritik Budgetverhandlungen gefährden hätte können. Ein bisserl Eigenlob schimmert da oder dort durch (etwa bei Franz Fischler und Fritz Verzetnitsch, deren Analyse seltsam unpersönlich wirkt).

Umso spannender ist dafür, wie Caspar Einem seine Misserfolge (und die der SPÖ, für die er Verantwortung übernimmt) an den Idealen der Sozialdemokratie misst. (Conrad Seidl, DER STANDARD, Printausgabe, 23.3.2010)