Gertrude Klaffenböck: "Schwierige politische Verhältnisse erleichtern die Situation zugunsten von Investorenwünschen enorm."

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Der lokalen Bevölkerung komme der Landkauf durch ausländische Investoren kaum zugute, meint Gertrude Klaffenböck von der NGO Fian. Rechtsgrundlagen seien dringend notwendig, sagt sie zu Andreas Cavar.

STANDARD: Was sind die größten Probleme, die sich für die lokale Bevölkerung durch das "land grabbing" ergeben?

Klaffenböck: Das Problem ist, dass sich die Investitionen nicht auf den Bedarf für die Stärkung der lokalen, kleinstrukturierten Landwirtschaft zur Nahrungsmittelproduktion zugunsten der lokalen Bevölkerung konzentrieren. Vielmehr sind diese auf großflächige, agroindustrielle und exportorientierte Produktion angelegt. Der lokalen Bevölkerung kommen diese Investitionen deshalb kaum zugute. Besonders drastische Beispiele sind Äthiopien und Madagaskar. Dort werden Nahrungsmittel für den Export angebaut, obwohl die ausreichende Versorgung mit Nahrung für die örtliche Bevölkerung bei weitem nicht gesichert ist.

STANDARD: Wo liegt Ihrer Meinung nach die Verantwortung für diese Entwicklung?

Klaffenböck: In erster Linien natürlich bei den Regierungen der Staaten. Insbesondere in Afrika werden viele der Verträge zwischen Regierungen unterzeichnet. Auch wenn unmittelbar danach Subverträge an Unternehmen folgen. Schwierige politische Verhältnisse, in denen sich Verantwortliche wenig um demokratische Prinzipien wie Transparenz, öffentliche Information oder Teilhabe der betroffenen Bevölkerung kümmern, erleichtern die Situation zugunsten von Investorenwünschen enorm. Das Problem ist aber auch, dass viele Länder durch Rahmenbedingungen des IWF und der Weltbank zu diesen Maßnahmen gedrängt werden.

STANDARD: Halten Sie die etwa vom UN-Sonderberichterstatter Olivier De Schutter vorgeschlagenen Leitlinien für den Landkauf für ausreichend?

Klaffenböck: Solche Leitlinien zeigen, wie es anders gemacht gehörte, sind aber meist zu wenig. Es wäre dringend notwendig, hier klare rechtliche Grundlagen zu schaffen, die Menschenrechtsverletzungen verhindern und etwa das Recht auf Nahrung auch einklagbar machen. Menschenrechte müssen Vorrang etwa vor Handelsrechten oder Investitionsabkommen haben. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.3.2010)