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Ab 17. März ist Europawahl. Zwar dürfen Unions-Bürgerinnen und Bürger ihren Präsidenten weiterhin nicht wählen. Dafür wird ihnen jetzt in Sachen Webbrowser Wahlfreiheit gewährt. Denn spätestens ab diesem Zeitpunkt muss ihnen ihr Windows-PC beim Aufruf des Internet-Explorers einen Stimmzettel anbieten, mit dem man entscheiden kann, welchen von zwölf Webbrowsern man künftig zum Surfen benutzt. In manchen Märkten wurde diese Abstimmung bereits Anfang März in Gang gesetzt, jetzt erreicht sie auch Österreich.

Zufallsgenerator bestimmt die  Reihung

Voraussetzung ist, dass PC-Benutzer entweder automatisch oder ansonsten händisch ihren PC ab dem 17. März updaten. Dann wird ihnen beim nächsten Explorer-Start der Stimmzettel präsentiert, der ihnen fünf plus sieben Browseralternativen anbietet (siehe Grafik). Die jeweils ersten fünf angebotenen sind nebst dem Explorer 8 Firefox, Google Chrome, Apple Safari und Opera - die fünf Top-Browser nach Marktanteilen. Ein Zufallsgenerator bestimmt die jeweils unterschiedliche Reihung. Dahinter kommen sieben weitere Browser, von denen die meisten Benutzer wahrscheinlich noch nie gehört haben, vom Avant Browser, FlashPeak, Flock, GreenBrowser, K-Meleon und Maxthon bis Sleipnir.

Monopol

Die EU-sanktionierte Wahlmöglichkeit kommt zu einem Zeitpunkt, da der viele Jahre von Microsoft monopolisierte Browsermarkt längst im Umbruch ist. Vor allem Firefox gelang es, dem Explorer Marktanteile abzunehmen. In manchen Märkten wie Österreich liegt der Browser der Non-Profit-Organisation Mozilla bereits vor dem Explorer (46 zu 41 Prozent im März). Europaweit hatten alle drei in Verwendung befindlichen Explorer-Versionen im März einen 45-Prozent-Marktanteil (ein Jahr davor 50), Firefox 38 Prozent (unverändert gegenüber Vorjahr), erhob das Webanalyse-Service StatCounter. Auf den weiteren Plätzen: Chrome, das sich von 1,5 auf 7,1 Prozent hocharbeitete, zulasten von Opera (auf 4,4 von 7,3 Prozent gefallen), und vor Safari (3,7 Prozent, nach 2,4).

Zuwächse

Das Wahlfenster gibt der Diversität bei Webbrowsern weiteren Auftrieb, dies legen zumindest erste Erfahrungen aus Belgien, Frankreich, Großbritannien, Polen und Spanien nahe. Opera erklärte, dass sich die Zahl seiner Downloads verdreifacht hätte, Mozilla registrierte vergangene Woche über 50.000 Downloads, die über das Auswahlfenster erfolgten.

Nach Angaben von Microsoft werde es bis Mitte Mai dauern, ehe die Wahl mehr oder weniger vollständig ist - für Windows XP, Vista und alle neuen Windows-7-PCs. Nicht alle der rund 200 Millionen Windows-PC in der EU wird der Stimmzettel erreichen, vor allem in Unternehmen bestimmt vielfach die IT-Abteilung, welche Updates vorgenommen und welche Browser installiert werden.

Tests

Die Wahl wird Benutzern, die vielleicht jetzt zum ersten Mal einen Webbrowser als Zugang zum Internet wahrnehmen, nicht leicht fallen. Viel falsch machen können sie nicht: Tests sehen die Top fünf nicht zuletzt aufgrund der hitzigen Konkurrenz der letzten Jahre mehr oder weniger Kopf an Kopf - auch wenn viele Techies, die auf den einen oder anderen Browser schwören, dies bestreiten werden.

Die australische Konsumenten-Website Choice sieht nur den Explorer abgeschlagen, mit 42 Punkten, während sich Chrome (90), Opera (86), Firefox (81) und Safari (80) in einem ähnlichen Spektrum bewegen. Andere Tester sehen dies ähnlich, wenn auch manchmal mit vertauschten Rollen. Und die Karten werden ständig neu gemischt - bei allen Browsern erfolgen laufend Updates. (Helmut Spudich, DER STANDARD Printausgabe, 16. März 2010)