Letzte Bastion: Alfred Solm als Herr Grünwald, der nicht ausziehen will, in "Ein wenig sterben" (1981).

Foto: Filmarchiv

Auf Werke von Mansur Madavi stieß man in den letzten Jahren staunend immer dann, wenn es darum ging, in Form von Retrospektiven die verstreuten Belege eines frühen österreichischen Autorenfilms zu bergen.

Madavi, geboren in Aserbaidschan, aufgewachsen in Wien und an der Filmakademie zum Regisseur und Kameramann ausgebildet, drehte seine ersten Kurzfilme Ende der 60er-Jahre. 1974 folgte mit Die glücklichen Minuten des Georg Hauser sein Spielfilmdebüt. In den nächsten zehn Jahren entstand eine Reihe von Arbeiten, bei denen Madavi meist für Buch, Kamera und Regie verantwortlich zeichnet. Danach reißt die kontinuierliche Arbeit ab, Gründe dafür lassen sich an der Filmografie nicht ablesen. Madavis bisher letzter Film, Mit geschlossenen Augen, wird 1999 veröffentlicht.

Die kleine Personale im Rahmen der Diagonale stellt neben diesem Die blinde Eule aus dem Jahr 1979 und Ein wenig sterben von 1981 vor. Ersterer erzählt von einem Schriftsteller, der Nachforschungen zu einer jungen Frau anstellt, welche sich vor kurzem das Leben genommen hat. Er will ihre Geschichte erzählen, aber aus dem Umfeld der Toten will niemand Auskunft geben, und seine eigenen Vertrauten können mit seinem Vorhaben nichts anfangen. Während der Autor recherchiert, gibt der Film der jungen Frau ein eigenes Leben - in flüchtigen, mitunter fast tonlosen Momentaufnahmen, die keine Erklärung, aber ein paar Einblicke geben.

Auch Herr Grünwald, der einsame Protagonist des zweiten Films, erklärt sich nicht. Er weigert sich nur, aus jener Wohnung auszuziehen, in der er seit 70 Jahren lebt. Ein wenig sterben begleitet seine Routinen, registriert den allmählichen, mutwillig beschleunigten Verfall des Gebäudes:Der Putz fällt von den Fassaden, Scheiben gehen zu Bruch, durch die Decke tropft Wasser.

Lange lässt sich Grünwald nicht beirren, schließlich wählt er eine drastische Maßnahme. Madavi baut eine nüchterne, bestechende elliptische Erzählung, der kein Happy End beschieden sein wird, die aber darauf besteht, dass man sich trotzdem wehren sollte. (irr, SPEZIAL - DER STANDARD/Printausgabe, 16./17.03.2010)