Holocaust-Gedenkstätten mit Videokameras zu überwachen hält Innenministerin Maria Fekter für keine gute Idee

Foto: DER STANDARD/Matthias Cremer

Standard: Wie kriminell sind Asylwerber?

Fekter: In den ersten beiden Monaten des heurigen Jahres wurden 1328 tatverdächtige Asylwerber ermittelt, im gleichen Zeitraum im Vorjahr waren es 1636 Asylwerber, die wegen einer Straftat angezeigt wurden. Wir haben also einen Rückgang, wie überhaupt die Asylzahlen generell rückläufig sind. Die angezeigten Strafsachen sind hauptsächlich Eigentumsdelikte. Insgesamt sind 28 Prozent aller ermittelten Strafverdächtigen ausländische Staatsbürger. In einzelnen Deliktsparten ist der Fremdenanteil wesentlich höher, bei Einbruchsdiebstählen kommt jeder zweite Tatverdächtige aus dem Ausland, bei Wohnungseinbrüchen sind wir schon bei einem Ausländeranteil von 71 Prozent.

Standard: Vergangenen Oktober haben Sie bei einer Raiffeisen-Veranstaltung gesagt, dass der Großteil der kriminellen Energie von Fremden ausgeht. Jetzt haben Sie einen Anteil von 28 Prozent angegeben. Das ist zwar nicht wenig, aber nicht der Großteil.

Fekter: Aber bei den erwähnten Deliktsparten wie Wohnungs- und Hauseinbrüchen stimmt es sehr wohl.

Standard: Wie sich in der Diskussion um das geplatzte Asylzentrum Eberau zeigte, ist die Trennung zwischen Fremden und Asylwerbern oft sehr unscharf.

Fekter: Touristen sind auch Fremde. Und wir haben ungefähr 460.000 Fremde bei uns im Land beschäftigt. Davon sind Asylwerber nur ein kleiner Teil. Damit möchte ich sagen, dass ich sehr wohl genau trenne.

Standard: Welche Lehren ziehen Sie aus Eberau?

Fekter: Mit einem Zentrum für Asylwerber kann man politisch keine Lorbeeren verdienen. Aber aus staatspolitischer Sicht war es eine klare Vorgabe aus dem Koalitionsabkommen. Was mich sehr überrascht hat, war, dass von keiner Seite Unterstützung kam. Auch nicht von Caritas, Diakonie oder anderen Organisationen, die sich sonst intensiv mit Asylfragen beschäftigen. Alle haben sich unisono in die Loge zurückgezogen. Das war mir eine große Lehre.

Standard: Aber letztendlich ist das Projekt politisch gescheitert.

Fekter: Ja, und zwar auf Landesebene im Burgenland. Die Steiermark hat auch Wahlen, und dennoch ist das Schubhaftzentrum Vordernberg kein Problem. Im Burgenland hingegen gab es eine massive Verhinderungsmaschinerie.

Standard: Der Rechnungshof hat den Assistenzeinsatz des Bundesheeres zur Grenzraumsicherung massiv kritisiert. Ist die Zeit des Einsatzes nicht längst abgelaufen?

Fekter: Die Verordnung gilt dieses Jahr. Die Soldaten sind von der Bevölkerung enorm gewünscht, die Landeshauptleute von Niederösterreich und dem Burgenland sind dafür, der Bundeskanzler ist dafür, und der Verteidigungsminister, der dafür zahlt, ist dafür. Warum sollte ich also ablehnen?

Standard: Rechtsradikale Delikte steigen stark. 1998 wurden 392 Anzeigen nach dem Verbotsgesetz erstattet, 2008 waren es 835. Hat die Polizei die Neonazi-Szene nicht mehr im Griff?

Fekter: Wir wissen über dieses Szene sehr wohl gut Bescheid, derzeit ist keine Eskalation zu erkennen. Das Plus bei den Anzeigen hat auch damit zu tun, dass die Öffentlichkeit durch mediale Berichterstattung sensibler geworden ist und mehr Fälle bekannt werden.

Standard: In Oberösterreich scheint es ein Dunkelfeld zu geben. Die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Mauthausen wird häufig geschändet. Zuletzt auch mit eindeutig rechtsradikalen Inhalten.

Fekter: Ja, das war Provokation aus dem rechten Eck. Bei diesen Delikten gehen wir mit aller strafrechtlicher Konsequenz vor.

Standard: Warum lassen Sie Holocaust-Gedenkstätten nicht mit Videokameras überwachen, um Störaktionen vorzubeugen?

Fekter: Da muss man sehr sensibel vorgehen. Für viele Besucher sind die Gedenkstätten auch eine Art Friedhof. Hier mit Videokameras alle zu überwachen halte ich, ehrlich gesagt, nicht für eine ideale Lösung.

Standard: Die FPÖ-Präsidentschaftskandidatin Barbara Rosenkranz hat eidesstattlich erklärt, dass sie das Verbotsgesetz nicht infrage stellt und sich von den Verbrechen des Nationalsozialismus distanziert. Ist sie damit die bürgerliche Alternative zu Heinz Fischer?

Fekter: Etwas, was demokratie- politisch selbstverständlich ist, muss ich nicht eidesstattlich erklären. Für mich ist Frau Rosenkranz nicht bürgerlich, sondern rechts außen. Ich glaube, dass es am rechten politischen Rand niemanden gibt, der noch weiter rechts steht. Ich bin praktizierende Christin, und für mich ist jemand, der seine Kinder nicht taufen lässt und selber aus der Kirche ausgetreten ist, nicht wählbar. (Michael Möseneder und Michael Simoner/DER STANDARD, Printausgabe, 13./14. März 2010)