"Wir sind fern jeder Überlegung uns mit der Völkerwanderung der Germanen und dem Einfluss der Germanen auf die Kultur in Europa auseinandersetzen."

derStandard.at/pumberger

"Es gibt nichts Schöneres, als wenn viele darüber nachdenken wie man noch präziser, noch zukunftsfitter und mehrheitsfähiger den sozialdemokratischen Weg gehen kann."

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"Es war nicht akzeptabel, wie die Innenministerin sich über das gesamte Burgenland hinwegsetzen wollte - gemeinsam nur mit dem Eberauer Bürgermeister."

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"Ich hab da eine eigene Philosophie", sagt SP-Klubobmann Josef Cap im Interview mit derStandard.at über die Situation der SPÖ. Denn Gemeinderatswahl sei Gemeinderatswahl und Nationalratswahl eben Nationalratswahl. Das gilt auch für die am Sonntag stattgefundenen Gemeinderatswahlen. Die Krise der Sozialdemokraten sehe er, wenn es denn eine geben sollte, europaweit und der Populismus habe zwar bei anderen Parteien Einzug gefunden, nicht aber bei der SPÖ.

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derStandard.at: Josef Broukal bringt demnächst ein Buch heraus, in dem Texte unter anderem von Alfred Gusenbauer, Alexander Van der Bellen u.a. erscheinen. Was alle gemein haben: Sie wissen nicht wofür die SPÖ momentan steht. Wissen Sie es?

Josef Cap: Ich weiß es ganz genau. Dafür, dass unser Sozialstaat-, unser Gesundheitsmodell den modernen Erfordernissen angepasst und als Modell zukunftsfit gemacht wird. Das ist etwas, was uns von vielen Ländern positiv unterscheidet. Die Amerikaner kämpfen jetzt um Gesundheitsvorsorge, die bei uns seit Jahrzehnten Selbstverständlichkeit ist. Es gibt ein seit Jahrzehnten auf sozialdemokratischem Grundkonsens aufgebauten Gesellschaftmodell. Und in Zukunft geht es um den Ausbau dieses Modells: der Chancengleichheit, der sozialen Gerechtigkeit und der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit.

derStandard.at: Es gibt ein Grundmodell und jetzt ist der Ausbau gefragt? Und die Schwierigkeiten der SPÖ bei Wahlen, in Umfragen?

Cap: Natürlich schwappen viele ungelöste Probleme von Europa nach Österreich. Längst hätte es eine Finanztransaktionssteuer geben sollen, eine europäische Finanzmarktaufsicht, ... Da werden Regierungen dafür verantwortlich gemacht. Auch für die Ängste in einem, wie ich meine, positiven Integrationsprozess, die da entstehen. Da gibt es Probleme, die Österreich berühren. Und dann braucht man Zeit um die Antworten, die man hat, mehrheitsfähig zu machen.

derStandard.at: Eine europäische Flaute der Sozialdemokratie, bei der die SPÖ unverschuldet drinnen hängt?

Cap: Dass die SPÖ Teil europäischer Entwicklungen ist, ist evident. Vieles was sich dort nicht positiv entwickelt, geht zu Lasten der Parteien. Aber natürlich diskutieren wir auch innerhalb der Partei über neue Herausforderungen. Die kürzlich online gegangene Plattform 2020 ist da ein Schritt. Und ich begrüße Bücher, wie das oben erwähnte. Es soll viele andere Bücher auch noch geben, denn es gibt nichts Schöneres, als wenn viele darüber nachdenken wie man noch präziser, noch zukunftsfitter und mehrheitsfähiger den sozialdemokratischen Weg gehen kann.

derStandard.at: Wie unentbehrlich ist die FPÖ eigentlich, in punkto Themen oder auch als Gegner für die SPÖ?

Cap: Wir haben eine funktionierende Koalition zwischen SPÖ und ÖVP und es gibt nicht den geringsten Grund über irgendwelche andere Formen nachzudenken. Wir sind fern jeder Überlegung uns mit der Völkerwanderung der Germanen und dem Einfluss der Germanen auf die Kultur in Europa auseinandersetzen, wir wollen über keine Sonnwendfeuer drüber hupfen.

derStandard.at: Ist Werner Faymann ein besserer Vorsitzender als Alfred Gusenbauer?

Cap: Jede Zeit hat ihren Vorsitzenden. Da könnten Sie vergleichend auch nach Bruno Kreisky oder Franz Vranitzky fragen. Faymann hat bei der vergangenen Nationalratswahl mit beispiellosem Einsatz für die Partei mit dafür gesorgt, dass die SPÖ den ersten Platz erhalten hat. Ich kann ihm eindeutig - auch nach den Verhandlungen der letzten Wochen - Leadership attestieren.

derStandard.at: Und wie viel Anteil hat er an den Verlusten der Landtagswahlen?

Cap: Ich hab da eine eigene Philosophie: Gemeinderatswahl ist Gemeinderatswahl, Landtagswahl ist Landtagswahl und Nationalratswahl ist Nationalratswahl.

derStandard.at: Gilt das auch für die Gemeinderatswahlen vom vergangenen Sonntag?

Cap: Ja, die überaus unterschiedlichen Ergebnisse zeigen, das hier lokale Einflüsse und Persönlichkeiten eine große Rolle spielten.

derStandard.at: Also kein Einfluss der Bundespolitik?

Cap: Sicher nicht, denn im Bund gibt es für die SPÖ eine Aufwärtstendenz und sie liegt jüngsten Umfragen zufolge vor der ÖVP.

derStandard.at: Herr Klubobmann, wieso den Assistenzeinsatz beibehalten, wenn dessen Kosten in keiner Relation zum Aufwand stehen?

Cap: 86 Prozent der burgenländischen Bevölkerung wünscht sich den Einsatz. Und wenn sie das tut und es sicherheitspolitisch Sinn macht, dann soll er fortgesetzt werden.

derStandard.at: Im Burgenland wird es bald die nächste Volksbefragung geben, der Assistenzeinsatz bleibt wegen des auch von Ihnen erwähnten "subjektiven Sicherheitsgefühls", Rosenkranz unterzeichnet eine Erklärung weil der Chef einer Tageszeitung das so will: Wann haben sich eigentlich alle Parteien so offensichtlich dem Populismus verschrieben?

Cap: Die SPÖ nicht. Die hat hier ihre Grundwerte, die durch konkrete Handlungen sichtbar gemacht wurden. Es war nicht akzeptabel, wie die Innenministerin sich über das gesamte Burgenland hinwegsetzen wollte - gemeinsam nur mit dem Eberauer Bürgermeister.

derStandard.at: Und die doppelte Volksbefragung...

Cap: ... hat mit Populismus nichts zu tun. Sie ist ein demokratisches Instrumentarium und nicht a priori als populistische Maßnahme einsetzbar.

derStandard.at: Die ÖVP will in punkto Integration auf härtere Maßnahmen setzen: Michael Spindelegger sagt, Kinder, die Sprachdefizite haben, sollen parallel zur Volksschule Sprachkurse besuchen müssen. Eltern, deren Kinder daran nicht teilnehmen, sollen bestraft werden können. Vorstellbar?

Cap: Fakt ist, dass wir in Österreich Gesetze haben, die von allen eingehalten werden müssen. Wer also die Integrationsangebote, die es gibt, nicht in Anspruch nimmt und damit signalisiert, dass er gedenkt in einer Parallelwelt leben zu wollen, ist kritikwürdig - das ist nicht akzeptabel. Wenn man Deutsch kann, hat man am Arbeitsmarkt und so weiter viele Vorteile. Da kann man schon mithelfen bei der Vorbereitung im Ausland, bevor jemand nach Österreich kommt. Zu recht sagen die Eltern der Kinder, die perfektes Deutsch sprechen, es kann nicht sein, dass mein Kind im Unterricht einen Nachteil erleidet, weil die Eltern anderer Kinder denen nicht ermöglichen Deutsch zu lernen.

derStandard.at: Sollen Eltern dann bestraft werden?

Cap: Ich kenne den Vorschlag von Spindelegger nicht im Detail, das muss man sich anschauen. Soll er einmal einen konkreten Vorschlag machen, dann kann man darüber reden.

derStandard.at: Hätten Sie sich einen Präsidentschaftskandidaten der ÖVP gewünscht?

Cap: Der ist nicht notwendig - Heinz Fischer deckt das breite Spektrum auch der ÖVP-nahen Österreicher ab. Das war seitens der ÖVP sicher auch der Hintergrund dieser Entscheidung. (nik, derStandard.at, 15.3.2010)