Wien - Der mutmaßliche Mafiapate Jeremiasz Baranski, der am Mittwoch gegen 4.40 Uhr in seiner Zelle in der Justizanstalt Wien-Josefstadt bewusstlos aufgefunden worden ist, bestreitet einen Selbstmordversuch. Wie Donnerstag bekannt wurde, behauptet der 57-Jährige nun, von hinten niedergeschlagen worden zu sein.

Wie berichtet, war Baranski wegen Vergiftungserscheinungen vorübergehend in einem Krankenhaus behandelt worden. Der Angeklagte im Mafiaprozess soll nur wenige Stunden vor dem geplanten Urteilsspruch ein Putzmittel getrunken haben. Gegenüber Kriminalbeamten gab er jedoch zu Protokoll, Opfer eines Anschlags geworden zu sein. Er sei nach einer Durchsuchung in seiner Zelle niedergeschlagen worden. Wie berichtet, hatte tatsächlich in seiner Zelle eine Razzia (mit richterlichem Befehl) stattgefunden.

Falschaussagen Dabei wurde ein Handy gefunden, mit dem Baranski aus der Haft heraus mehrere Zeugen zu Falschaussagen überredet haben soll. Die Gespräche wurden aber von der heimischen Polizei abgehört und aufgezeichnet. Als Folge davon wurden in den parallel laufenden Prozessen in Wien und in Warschau die Falschaussagen enttarnt und die Zeugen verhaftet.

Jeremiasz Baranski muss sich wegen Anstiftung zur Ermordung des früheren polnischen Sportministers Jacek Debski verantworten.

Nach seiner Behauptung, er sei niedergeschlagen worden, hat die Staatsanwaltschaft Wien nun Protokollabschriften angefordert und Ermittlungen gegen unbekannte Täter eingeleitet. Baranski wird auch auf Spuren eines möglichen Fremdverschuldens untersucht, war Donnerstagabend in Erfahrung zu bringen. "Ob dabei etwas rauskommt, werden die weiteren Erhebungen zeigen", hieß es. Zur Glaubwürdigkeit der Angaben des Angeklagten wollte man keine offizielle Stellungnahme abgeben. (APA, simo, DER STANDARD Printausgabe 11.4.2003)