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Mehrere Tausend Studenten versuchten die Gipfelteilnehmer auf dem Weg zur Hofburg zu behindern.

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Straßenblockaden, wie hier vor der Oper, fanden an verschiedenen Orten den ganzen Abend lang statt.

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Und wurden zum Teil von der Polizei aufgelöst.

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Demo-Auftakt beim Europaplatz.

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Über die Mariahilferstraße geht es zum Burgtor.

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"Das Schwein demonstriert seit fünfzehn Jahren ohne Erfolg gegen alle möglichen Einsparungen in der Bildung. Wenn man sich die Budgetpläne anschaut, demonstriert es auch heute wieder ohne Erfolg", sagt sein Träger.

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Am Abend werden Straßenblockaden erwartet.

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Ziel der Demonstration war das Burgtor. In der Hofburg fand am Abend der feierliche Empfang zu zehn Jahre Bologna-Reform statt. Die protestierenden Studenten wollen mit Straßenblockaden auch die Zufahrtswege der Minister behindern.

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Während die Bildungs- und Wissenschaftsminister der 47 Bologna-Staaten in Budapest und Wien das zehnjährige Jubiläum des vereinheitlichten Studiensystems begingen, protestierten Donnerstagabend tausende Studierende auf Wiens Straßen. "Es gibt nichts zu feiern, deshalb demonstrieren wir gegen den Bologna-Gipfel", erklärte eine Studentin gegenüber derStandard.at. Schon in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag hatten Studierende den Hörsaal 1 des Neuen Institutsgebäudes (NIG) besetzt, diesen jedoch Donnerstag früh geräumt (derStandard.at berichtete).

Um 15 Uhr versammelten sich die Studierenden beim Westbahnhof und zogen eineinhalb Stunden später über die Mariahilfer Straße in Richtung Burgtor. "Freie Bildung für alle, ohne Zugangsbeschränkungen, ohne Studiengebühren, ohne Diskriminierung", forderten die Studierenden bei der Kundgebung vor dem Abmarsch. Ein Sprecher der Presse AG der Uni-Proteste sprach gegenüber derStandard.at von 10.000 bis 12.000 Demonstranten, die auch noch am späteren Abend die Straßen blockiert haben, um den Wissenschaftsministern - und ministerinnen den Weg zum Abendessen abzusperren. Nach Polizeiangaben nehmen 3200 Demonstranten am Hauptzug teil. Da jedoch auch im Schillerpark an der Akademie der bildenden Künste, an der Hauptuni, an der Technischen Universität sowie am Graben (der Standort der Grünen) Kundgebungen stattfinden, kann der Pressesprecher der Wiener Polizei Johann Golog gegenüber derStandard.at nicht sagen, wie viele Demonstranten tatsächlich an der Anti-Bologna-Demo teilnehmen.

Europaweite Solidarität

"Ganz Europa schaut heute nach Wien und wir zeigen, dass wir für unsere Bildung kämpfen", forderte ein Student aus Italien seine europäischen Kollegen zum Zusammenhalt auf. Auch Vertreter der Studierenden aus Deutschland, der Türkei und Frankreich sind nach Wien gekommen, um "alle gemeinsam an dem symbolischen Marsch" teilzunehmen, Erfahrungen auszutauschen und zu "zeigen, dass wir sehr, sehr viele sind", sagte eine italienische Studentin, die mit rund 150 Kollegen angereist ist. Für den 9. Juni ist in Deutschland ein bundesweiter Protesttag geplant, zu dem auch alle anderen europäischen Länder eingeladen sind. 

Nicht nur marschiert wird für ein besseres Bildungssystem, sondern auch getanzt. Die „deeskalative Gruppe" hüpfte und tanzte zu Trommelmusik. "Demonstrationen können fröhlich und friedlich sein. Wir zeigen, dass es eine alternative Protestform gibt", sagte eine der Tänzerinnen.

Straßenblockaden

Bis ungefähr 18 Uhr waren die Studierenden unterwegs Richtung Burgtor, danach versuchten die Studierenden mittels Straßenblockaden die aus Budapest anreisenden Minister am Zugang zu behindern. Man wolle, dass die Minister einmal spüren wie sich "Zugangsbeschränkungen" auf die persönliche Freiheit auswirken, so eine Sprecherin der AG-Presse gegenüber derStandard.at. Während der Demonstration wurden verschiedenfarbige Zettel verteilt, die danach zu den jeweiligen Straßenblockaden führten. Viele der Demonstranten hatten sich mit Isomatten, Schlafsäcken und Thermokannen ausgerüstet. Auch Styropor-Sitze wurden verteilt. "Sie, die mit ihren Limousinen hierherkommen, müssen erst einmal an uns vorbei", hieß es bei der Abschlusskundgebung.

Blockade vor Oper

Gegen 20:15 Uhr ist es zu einer Blockade des Rings bei der Staatsoper gekommen. Ungefähr 150 Personen tanzten und trommelten auf der Fahrbahn, es kam zu kurzfristigen Wortgefechten mit Autofahrern. Als ein Einsatzfahrzeug blockiert wurde, griff die Polizei, einige Demonstranten wurden weggetragen, die Übrigen Demonstranten beendeten die Blockade daraufhin freiwillig. Die Polizei griff ein, als ein Einsatzfahrzeug ebenfalls blockiert wurde, einige Demonstranten wurden weggetragen, der Rest beendete kurz danach die Blockade freiwillig.

Gegen 21:30 Uhr blockierten Demonstranten gegen die Bologna-Konferenz an der Ecke Walfischgasse/Kärntnerstraße zwei Shuttle-Busse. Die Polizei trug die Protestierenden weg bzw. drängte sie mit einem Großaufgebot ab. Ob es sich bei den Insassen der Busse um Teilnehmer der Konferenz handelte, ist aber unklar: Es befanden sich vor allem Personen aus Fernost bzw. dem arabischen Raum in den beiden Bussen. Zuvor hatte die Polizei die Kärntner Straße auf Höhe der Krugerstraße in beide Richtungen für Fußgänger gesperrt. Durch die Krugerstraße wurden offenbar Fahrzeuge mit Konferenzteilnehmern geschleust.

Karl musste warten

Gestört wurde jedenfalls der Ablauf der Festakt in der Hofburg, wo Gastgeberin Karl eine Stunde zuwarten musste, ehe sie vor den Ehrengästen die "einzigartige Partnerschaft" im "Bologna-Prozess" würdigen konnte. Einer jener, auf die gewartet werden musste, war übrigens der Vorsitzende der Universitäten-Konferenz, Hans Sünkel, der von einer Blockade zwischenzeitlich gestoppt worden war. 

Am Donnerstagabend haben es drei Studenten trotz Zutrittskontrollen bis ins Foyer des Großen Redoutensaals geschafft, wo Beatrix Karl gerade Interviews gab. Sie gesellten sich zu den Journalisten und wollten während eines TV-Interviews selbst Fragen stellen. "Frau Karl!", setzte ein Student an, wurde aber gleich von Mitarbeitern der Ministerin zurückgedrängt. Nachdem die Studenten der Aufforderung der Sicherheitskräfte, ihre Zutrittsberechtigung vorzuweisen, nicht Folge leisteten, wurden sie von den Sicherheitsleuten zum Ausgang begleitet. Karl setzte inzwischen ihr Interview unbeeindruckt fort.

Fünf Festnahmen bei Demo

Die Polizei ist mit Schlagstöcken, Helmen und Schutzschildern ausgestattet. Auch Zivilbeamte sollen sich unter die Demonstranten gemischt haben. Polizeisprecher Hejl begründet das Polizeiaufkommen, mit möglichen "gefährlichen" Aktionen der Demonstranten.  Laut Polizeiangaben kam es bei der Demo zu insgesamt fünf Festnahmen, davon zwei wegen strafrechtlicher Delikte wie Widerstand gegen die Staatsgewalt oder Sachbeschädigung. Drei Festnahmen erfolgten wegen verwaltungsrechtlicher Delikte.

Beim Burgtor beginnt die Sperrzone rund um den Gipfelstandort, der Hofburg (siehe Grafik). Zahlreiche Institutionen waren von der Handhabung der Sperrzonenregelung betroffen, seitens des Österreichischen Filmmuseums protestierte dessen Direktor Alexander Horwath entschieden in einer Aussendung.

"Mehr Vorteile als Probleme"

Für die deutsche Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) hat der europaweite Hochschulreformprozess "enorm viel bewegt". Ihr ungarischer Amtskollege erklärte: "Der Bologna-Prozess hat bedeutend mehr Vorteile gebracht als Probleme verursacht." Die positiven Auswirkungen würden in den kommenden Jahrzehnten spürbar werden. 

Und auch die Wissenschaftsministerin Beatrix Karl betonte die guten Seiten des Bologna-Prozesses. Der gemeinsame Hochschulraum sei "ein Eckpfeiler der Zukunft Europas und damit auch unserer Länder". Die Chancen für junge Menschen stünden im Mittelpunkt der Bologna-Idee, betonte Karl.

Der offizielle Bologna-Gipfel übersiedelt am Donnerstagabend nach Wien wo die 47 Wissenschaftsminister an einem Fest in der Hofburg teilnehmen werden. Am Freitag soll noch eine abschließende Arbeitssitzung stattfinden. Am Donnerstag wurde Kazachstan als 47. Mitglied in den Kreis der Bologna-Länder aufgenommen.

"Morbus Bologna"

Die Transparente, die auch schon während der österreichweiten Uniproteste im Herbst zu sehen ware, wurden wieder ausgerollt. "Morbus Bologna. Widerstand schützt", "Burning University. Make Bologna History" oder einfach "Bologna stinkt" war zu lesen. Die Interessenvertretung des Instituts Geschichte trug ein Pappschwein mit sich: "Das Schwein demonstriert seit fünfzehn Jahren ohne Erfolg gegen alle möglichen Einsparungen in der Bildung. Wenn man sich die Budgetpläne anschaut, demonstriert es auch heute wieder ohne Erfolg", sagte der Träger.

Die Proteste unter dem Motto "Bologna Burns" von 63 Organisationen unterstützt, darunter die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH), die Globalisierungskritiker von Attac, die Wiener Grünen, Gewerkschaftsvertreter und mehrere sozialistische und kommunistische Verbände. Unter die Demonstranten haben sich auch der Grüne Bildungssprecher Harald Walser und der Grünen Wissenschaftssprecher Kurt Grünewald gemischt. Am Freitag und am Samstag soll es neben weiteren Protesten auch einen Alternativgipfel in Räumlichkeiten der Uni Wien geben. Dabei soll in Workshops ein Gegenpol zu der Minister-Tagung geboten werden. (Stephanie Mittendorfer, Sebastian Pumberger/derStandard.at, 11.3.2010)