Sonya Puthuparambil und Sahire Bozkurt bei einem StipendiatInnen-Treffen

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Ayse Dogan mit der Kammerschauspielerin Andrea Jonasson bei einem Film-Projekt zum Thema "Mythen und Legenden der Stadt Wien"

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Seit vier Jahren gibt es in Wien das Stipendienprogramm "Start", das begabte und engagierte Zuwandererkinder fördert. Die jungen StipendiatInnen erhalten ein monatliches Bildungsgeld, einen Laptop mit Internet-Zugang und nehmen gemeinsam an Seminaren, Bildungs- und Kulturveranstaltungen teil.

Herausragend

"Gefühlsmäßig bewerben sich mehr Mädchen", erzählt Lukas Kluszczynski, Programmleiter von Start-Österreich. Doch man bemühe sich um "Vielfalt und gerechte Aufteilung" der Förderung, so Kluszczynski. Der schulische Erfolg ist ein wichtiges Kriterium für die Aufnahme ins Programm, aber auch die soziale Bedürftigkeit. "Wir wollen Leute unterstützen, die sich das Ganze so nicht leisten könnten", so Kluszczynski. Die wichtigste Voraussetzung ist aber das außerschulische Engagement der KandidatInnen: "Wir wollen Leute, die daran interessiert sind, die ganze Thematik um Migration und Integration voranzubringen und da etwas zu leisten. Das sind oft Klassen- oder Schulsprecher oder Redakteure von Schülerzeitungen. Entscheidend ist dann auch, wie sich der Schüler mit seinem Engagement bei uns vorstellt und präsentiert."

Unter jenen die, die Start-Jury überzeugen konnten, ist auch Ayse Dogan. Die Neuzehnjährige besucht die VBS Hamerlingplatz und ist seit zweieinhalb Jahren im Stipendienprogramm. Derzeit arbeitet sie an ihrem Maturaprojekt und entwickelt eine Lern- und Kommunikationsplattform für ihre Schule. "Wenn meine Arbeit gut wird, wird das Konzept auch an weiteren Schulen umgesetzt", erzählt Dogan stolz. Die HAK-Schülerin möchte nach der Schule Mathematik und Soziologie studieren.

Engagement ist gefragt

Für Sonya Puthuparambil steht auch schon fest: "Ich werde studieren und zwar im Ausland, entweder in England oder Deutschland". Die Neuzehnjährige hat bereits viel Auslandserfahrung gesammelt. "Ich konnte mit Hilfe von Start ein Auslandspraktikum organisieren, eine Woche in einer Schule in Paris mit anderen Migrantenkids verbringen und ein Auslandsemester in England machen", erzählt Puthuparambil. Start stellt zusätzlich 700 Euro pro Schuljahr und SchülerIn für individuelle Förderung auf. "Das ist aber etwas, um das sich die StipendiatInnen gezielt bemühen müssen. Wir wollen Engagement sehen", erklärt der Programmleiter.

Den Horizont erweitern

Neben der Möglichkeit ins Ausland zu gehen, schätzt Sonya Puthuparambil vor allem den Erfahrungsaustausch mit den anderen StipendiatInnen. "Man lernt hier interessante und sehr unterschiedliche Menschen kennen. In ihren Lebensgeschichten gibt es oft Kriegs- und Fluchterfahrungen. Das erweitert meinen Lebenshorizont, denn ich bin hier geboren und kenne das nicht", so die Maturantin.

Sonyas KlassenkameradInnen in der VBS Augarten wundern sich manchmal, wieso es so ein Programm gezielt für Migrantenkinder gibt. Die Schülerin liefert aber sofort eine selbstbewusste Erklärung: "Es ist doch so, dass Menschen, die aus anderen Ländern und Kulturen kommen, nicht alles geschenkt bekommen. Armuts- oder Kriegsflüchtlinge haben das alles nicht, was typische Österreicher als selbstverständlich ansehen. Ich finde es gut, dass Start genau solchen Menschen hilft". 

Kein Mitleid, bitte!

Mitleid möchte die Tochter südindischer Migranten nicht erregen und ärgert sich oft über die Darstellung in österreichischen Medien. Die jungen StipendiatInnen, die gerne "als Vorzeige-Migranten" interviewt werden, können auch von einigen schlechten Erfahrungen mit JournalistInnen berichten. In einer Wochenzeitung mussten sie dann plötzlich von "schwerer Kindheit und gewalttätigen Vätern lesen" - mitleiderregende Geschichten, "die wir so nie erzählt haben", so eine Stipendiatin. "Manchmal sind grundlegende Daten falsch. Wenn es besser passt, dass jemand aus Tschetschenien und nicht aus der Türkei kommt, dann vertauscht der Redakteur gerne diese Angaben", weiß Lukas Kluszczynski zu berichten. 

Förderungswürdig 

Nicht Mitleid erregen, sondern Vorbild sein, das ist das Motto der Start-StipendiatInnen: "Es ist wichtig, dass den Jugendlichen gezeigt wird, dass man Erfolg haben kann", betont Sahire Bozkurt. Die Achtzehnjährige hat türkische Wurzeln, ist in Österreich geboren und aufgewachsen und sieht darin große Vorteile: "Wir haben eben diese zwei Seiten, die man zeigen kann und sollte. Wir bringen viel mit - das ist förderungswürdig!"