Erzabt Bruno B. habe im Vorjahr 5.000 Euro angeboten, wenn er keine weitere Schritte mehr unternehme, sagte das Missbrauchsopfer im Ö1-Morgenjournal des ORF.

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Am Dienstag sind neue Vorwürfe im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch in der Kirche aufgetaucht. Ein heute 53-jähriger Mann hat sich als Opfer eines Missbrauchs vor rund 40 Jahren durch den Erzabt des Stiftes St. Peter in Salzburg, Bruno B., an die Öffentlichkeit gewandt und erklärt, auch von zwei anderen Patres immer wieder missbraucht worden zu sein. Korbinian Birnbacher, Prior von St. Peter, bat das Opfer um Verzeihung.

Im Ö1-"Morgenjournal" schilderte der 53-Jährige, der Missbrauch durch den Erzabt, damals Priesteramtsanwärter, sei bei einem Radausflug in einer Höhle passiert. Als er ihn im November des Vorjahres mit den Vorwürfen konfrontiert habe, habe dieser den Missbrauch eingestanden und ihm 5.000 Euro angeboten, wenn er keine weiteren Schritte mehr setze. Sechs Jahre lang sei er außerdem von zwei anderen Patres immer wieder missbraucht worden.

Rücktritt

Abtpräses Christian Haidinger hat am Dienstag den Rücktritt von Bruno B. nach Bekanntwerden des Missbrauchsvorwurfs mit sofortiger Wirkung angenommen. Das teilte Pater Korbinian Birnbacher am Nachmittag in einer Aussendung mit. "Die Benediktiner von St. Peter nehmen diese Entscheidung zur Kenntnis und hoffen, dass dieser Schritt zur gewissenhaften Aufarbeitung des bedauerlichen Vorfalles beiträgt", hieß es.

"Nach eingehender Beratung des Präsidiums der österreichischen Benediktinerkongregation, nach einem ausführlichem persönlichen Gespräch mit Erzabt Bruno B. und nach nochmaliger Rücksprache mit Erzbischof Alois Kothgasser, hat Abpräses Christian Haidinger (Stift Altenburg) bei der Äbtekonferenz am Dienstag in Gut Aich/St. Gilgen den angebotenen Rücktritt von Erzabt Bruno B. mit sofortiger Wirkung angenommen", lautete die offizielle Stellungnahme.

"Ungeachtet der schweren Vorwürfe gegen Erzabt Bruno B. wollen wir nicht vergessen, dass sein Dienst als Abt unserer Gemeinschaft vorbildlich war. Dafür wollen wir ihm danken", hieß es.

40-jähriger Druck

Als die Ermittler ihren Mandanten aufgrund der im September 2009 eingangenen Anzeige zum Fall Bruno B. befragten, "war er noch nicht imstande, auszusagen", so die Anwältin des 53-Jährigen, Brigitte Forster-Ascher. Er habe Angst gehabt, dass sein Name an die Öffentlichkeit durchsickert. "Ihm ist wesentlich, dass seine persönlichen Verhältnisse anonym bleiben. Für ihn war es schwer, zu dem Punkt zu kommen, alles offen zu legen. Er stand ja unter dem 40-jährigen Druck, nichts sagen zu dürfen."

Die 5.000 Euro, die ihm der Erzabt mit dem Zusatz geboten habe, nicht darüber zu sprechen, habe er nicht angenommen, sagte Forster-Ascher. Sie könne sich aber vorstellen, dass der 53-Jährige jetzt vor der Staatsanwaltschaft aussagen wird. "Psychisch geht es ihm nicht gut", eine psychotherapeutische Behandlung habe er aber noch nicht in Anspruch genommen.

Kothgasser: Nicht Schweige-, sondern als Schmerzensgeld

Der Salzburger Erzbischof Alois Kothgasser erklärte, die angebotene Zahlung sei nicht als Schweige-, sondern als Schmerzensgeld gedacht gewesen. Er habe erst Ende Jänner von den Vorwürfen gegen den Erzabt erfahren. Jetzt habe er ihm geraten, seinen Rücktritt anzubieten. Prior Birnbacher erklärte bei einer Pressekonferenz, er gehe davon aus, dass die Äbtekonferenz noch heute über das Rücktrittsangebot entscheiden werde.

Bruno B. dürfte beim Missbrauch des damals Zwölfjährigen offenbar binnen Minuten vom Aufklärer zum Täter geworden sein: Laut Birnbacher habe B. von Übergriffen der beiden anderen Ordensbrüder erfahren und wollte mit dem Opfer darüber sprechen - bei dieser Aussprache sei es dann zu dem Missbrauch gekommen. Ob der Missbrauch wirklich der einzige dieser Art durch den Erzabt war, könne er nicht sicher sagen, er glaube Bruno B. aber. Der Erzabt sei als Kind selbst missbraucht worden, die Person stammte aber nicht aus dem kirchlichen Umfeld.

Aussprache

Der Missbrauchsfall sei vergangenes Jahr der Ombudsstelle für Opfer sexuellen Missbrauchs der Erzdiözese Wien bekannt geworden. Am 22. November sei es dann zu einer Aussprache zwischen dem Opfer, Bruno B. und dem Wiener Ombudsmann gekommen, so Birnbacher. Der Erzabt habe sich dort entschuldigt. Der Geistliche habe dem Opfer 5.000 Euro angeboten, bestätigte Birnbacher, allerdings, weil dieses eine finanzielle Entschädigung gefordert hätte. Er selbst habe erst am 11. Februar von der Sache erfahren.

Ob es kirchenrechtliche Konsequenzen für B. geben werde, sei noch unklar. Eigentlich sei der Vorfall schon verjährt, es werde aber ein kirchenrechtliches Vorverfahren eingeleitet, die Ergebnisse würden dann der Glaubenskongregation in Rom übermittelt. Diese könne bei gravierenden Fällen die Verjährungsfrist aufheben. B. werde jedenfalls keine Aufgaben und Ämter mehr übernehmen, eine Zeit lang auch das Priesteramt nicht ausüben und keine seelsorgerische Tätigkeit übernehmen, meinte der Prior. Die Erzabtei St. Peter bittet mögliche weitere Betroffene, sich bei der Ombudsstelle für Opfer sexuellen Missbrauchs in der Erzdiözese Salzburg zu melden.

Staatsanwaltschaft hat Verfahren eingestellt

Der Fall war auch der Salzburger Justiz bekannt - vergangenen September habe ein Mann aus Wien, der offenbar mit dem Opfer Kontakt hatte, Anzeige erstattet. Die Staatsanwaltschaft Salzburg habe das Verfahren am 18. Jänner aber eingestellt, da das Opfer nicht aussagen habe wollen, sagte Mediensprecherin Barbara Feichtinger. Bestätigt wurde weiters, dass einer jener Patres, die das Opfer auch missbraucht haben sollen, 2008 wegen sexuellen Kindesmissbrauchs an Marokkanern verurteilt worden ist. Das Verfahren gegen den zweiten Pater, der ebenfalls als "Sextourist" in Marokko gewesen sein soll, sei eingestellt worden, weil er keinen Wohnsitz mehr in Österreich gehabt habe. (APA)