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Wien - Manchmal sei die Welt verdreht. Da wolle einer eine Diebstahlsversicherung abschließen, obwohl er in seinem Haus weder Fenster noch Türen eingebaut habe, sinnieren Bettina Selden und Ludwig Mertes. So in etwa habe es sich bei der Pleite von Cosmos abgespielt, an dessen Ende nicht ihre Branche Schuld trage, sondern die Naivität der neuen Eigentümer, die weder Konzepte noch Kapital auf die Beine stellen konnten.

Die beiden sichern als Vorstände des Kreditversicherers Prisma die Forderungen von gut 1800 Unternehmen gegen Zahlungsausfälle ab. Im Vorjahr wurden in Österreich Risiken von knapp 17 Milliarden Euro übernommen. 84 Prozent der Einnahmen durch die Prämien mussten aufgrund der höheren Schadensquote wieder ausbezahlt werden.

Der Groll vieler Unternehmer gegen die Branche sitzt dennoch tief. Sie klagen über gekürzte Kreditlimits, teurere Prämien und höheres eigenes Risiko. Selden räumt ein, dass die Kreditversicherer zum Teil überzogen reagiert hätten. "Alle waren nervös, ganze Märkte sind plötzlich in sich zusammengebrochen." Man habe sich bemüht, bei den Millionen an Adressen nicht mit der Gießkanne vorzugehen. Um jede Bilanz zu prüfen, sei aber die Zeit zu kurz gewesen, viele wurden zudem bewusst nicht offengelegt. Heuer könne man über Limits auf jeden Fall individueller und entspannter entscheiden.

Viele Sorgenkinder 

Mit einer nachhaltigen Erholung der Konjunktur rechnet Selden erst Mitte 2011. Die Sorgenkinder der Versicherer sind Speditionen, Druckereien, Maschinenbauer, Autozulieferer und die Holzindustrie. Pharmazeuten seien am besten unterwegs, leichten Aufwind erlebe der Stahlsektor. Nach den Großpleiten Cosmos und Quelle sei auch im Handel das Schlimmste ausgestanden.

Eine längere Durststrecke zeichne sich jedoch in Osteuropa ab. Vor allem Handelsketten hätten dort bereits viel Geld verloren. Ernste Probleme gebe es nach wie vor in der Ukraine, in Serbien und Kroatien. Besser sei es um Tschechien und Polen bestellt. Alles in allem werde die Zahl der Konkurse in Europa weiter steigen. In Italien etwa gebe es heuer um gut zwölf Prozent mehr Pleiten.

Die Oesterreichische Kontrollbank darf seit kurzem im Auftrag des Bundes Lieferungen in Länder der EU und OECD versichern. Das staatliche Hilfspaket, das Exporteure davor schützen soll, auf offenen Rechnungen sitzenzubleiben, zeige bisher aber nur wenig Wirkung, sagt Mertes: Die Nachfrage boome nicht, der administrative Aufwand sei vielen zu hoch, und der Staat komme bei der Bonitätsprüfung auf ähnliche Ergebnisse wie die privaten Versicherer.

Prisma hat im Vorjahr 52 Mio. Euro umgesetzt, um acht Prozent weniger als 2008. Die versicherten Risiken seien stabil geblieben, unterm Strich habe man den bisherigen Branchenführer Coface abgehängt und halte einen Marktanteil von 35,4 Prozent.

Wer seine Forderungen bei Prisma versicherte, musste dafür zuletzt um bis zu 30 Prozent mehr zahlen und höhere Selbstbehalte tragen. Es habe einschneidende Maßnahmen gebraucht, sagt Mertes. Keiner ha- be mit der Heftigkeit der Krise gerechnet. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 09.03.2010)