Wien - Die kommende Wallfahrt, der Kongress der Pfarrgemeinderäte, liturgische Fragen - eigentlich versprach das Protokoll der Frühjahrsvollversammlung dem Episkopat eine ruhige Arbeitswoche in St. Pölten. Jüngst bekanntgewordene Missbrauchsfälle - international, aber auch in Österreich - machten aber eine kurzfristige Planänderung notwendig.

Am Freitag präsentierte dann Wiens Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn als Vorsitzender der Bischofskonferenz die Beratungsergebnisse. Konkret plant man die Schaffung bundesweiter innerkirchlicher Regeln für den Umgang mit Missbrauchsfällen. Basis für die österreichweite Regelung sollen bereits bestehende Richtlinien sein, wobei die in der Erzdiözese Wien geltenden Bestimmungen Vorbildcharakter hätten, erläutert der Kardinal. Zwar seien bereits vor 15 Jahren - seit den Vorwürfen gegen den damaligen Kardinal Groër - eine Reihe von Maßnahmen getroffen worden, diese gelte es aber zu verbessern. Schönborn: "Etwa die österreichweite Vernetzung und Zusammenarbeit der diözesanen Ombudsstellen. Und die Männer- und Frauenorden sollen offiziell eingebunden werden".

Projektgruppe im Einsatz

Zur Förderung von Bewusstseinsbildung und zur Verhinderung sexuellen Missbrauchs soll es laut Erklärung der Bischöfe vor allem eine verstärkte Aus- und Fortbildung der kirchlichen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter geben. Um diese Maßnahmen möglichst rasch und effektiv umsetzen zu können, wurde vonseiten die Bischofskonferenz eine Projektgruppe - bestehend aus den Ombudsleuten und weiteren Experten - eingesetzt, die bis zur Sommervollversammlung im Juni ein detailliertes Gesamtkonzept auszuarbeiten hat.

Und man zeigt sich in der offiziellen Erklärung zur Frühjahrsvollversammlung erstaunlich selbstkritisch: "Leider wurden in der Vergangenheit zu Unrecht in der Kirche die Täter oft mehr geschützt als die Opfer. Mit Scham und Trauer stellen die Bischöfe fest, dass sich erst in den letzten Jahren in der Kirche in Österreich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass bei Missbrauchsvorwürfen nichts anderes zählt als die Wahrheit, die allein frei macht." Parallel dazu wehren sich die Bischöfe aber gegen "Pauschalverdächtigungen" von Priestern und Mitarbeitern der Kirche.

Herbert Bartl, Sprecher der Initiative "Priester ohne Amt" sieht in der bischöflichen Erklärung "einen erfreulichen Schritt". Dennoch würde sich an den "Systemfehlern" nichts ändern. Bartl: "Ein Priester muss weiterhin mit 25 Jahren seine Sexualität einstellen." Grundlegend ändern müsse sich die Einstellung der Kirche zur Sexualität: "Es ist doch immer noch eine schwere Sünde, wenn man beim Lulumachen zweimal nach unten greift." (APA, mro/DER STANDARD, Printausgabe, 6./7.3.2010)