Die Logopädin Susanne Mühlbauer versucht mit gezielten  Mundmotorikübungen die Nahrungsaufnahme von Menschen mit Behinderung zu verbessern.

Foto: Mosaik GmbH

Die meisten Menschen lieben ein gemütliches Essen in wohliger Atmosphäre mit guten Freunden oder der Familie. Für Menschen mit cerebralen Bewegungsstörungen ist die Essenssituation oft mit Stress, Ängsten und manchmal auch mit traumatischen Erlebnissen verbunden. Der Betroffene Peter Kropsch und die Logopädin Susanne Mühlhauser geben zum Tag der Logopädie (6.3.) einen Einblick in dieses sensible Thema.

Peter Kropsch ist 32 Jahre alt; er hat spastische Tetraplegie, eine Teillähmung von Armen und Beinen. Daher kann er nicht selbständig essen. "Es ist wichtig für mich, dass der Tisch gedeckt ist, weil es schöner ausschaut und ich mich wohlfühle. Ich möchte die Speisen sehen, die ich esse. Wenn ich sie nicht sehe ist das sehr unangenehm, weil ich dann nicht weiß was ich esse. Das mag ich gar nicht", so der gebürtige Köflacher.

Entschleunigtes Essen

Susanne Mühlhauser, Logopädin im Ambulatorium der Mosaik GmbH in Graz, kennt Peter Kropsch seit 16 Jahren. Ihre Aufgabe ist es durch gezielte Mundmotorikübungen (Lippen- und Zungenübungen) die Nahrungsaufnahme von Menschen mit Behinderung zu verbessern. "Saugen, Kauen und Schlucken sind wesentlich für das Essen. Diese Funktionen sind bei Menschen mit Behinderung teilweise nicht vorhanden oder stark eingeschränkt. Ein wesentlicher Teil der Logopädie ist es, diese Funktionen zu verbessern", erzählt Susanne Mühlhauser.

Eine aufrechte Haltung ist essenziell für eine physiologisch gesunde Nahrungsaufnahme. An der individuellen Sitzposition wird in Kooperation mit der Physiotherapie regelmäßig gearbeitet. Wenn das Essen in einer zu schrägen Sitzposition eingenommen wird, besteht die Gefahr sich zu verschlucken. Dies ist eine beängstigende Situation für Menschen mit Behinderung, wie die Logopädin weiß: "Menschen ohne Behinderung klopft man einfach auf den Rücken. Das kann für Menschen mit Cerebralparese sehr gefährlich sein. Viele überstrecken dabei den Kopf nach hinten, wodurch die verschluckte Nahrung weiter in die Luftröhre hineinrutscht. Die Angst zu ersticken ist dabei verständlicherweise sehr groß."

Mundschluss oft unmöglich

Menschen mit Cerebralparese können wegen ihrer teils schwachen Gesichtsmuskulatur oft den Mund nicht schließen. Dies hat sowohl vermehrten Speichelfluss aber auch manchmal das Herausfallen von Essen zur Folge. "Die Menschen speicheln nicht absichtlich oder lassen das Essen aus dem Mund fallen. Bei manchen ist der Mundschluss einfach nicht möglich, was ihnen meist sehr peinlich ist. Bevor man jemanden anstarrt sollte man bedenken: Nach Unfällen, einem Schlaganfall oder im Alter kann es uns allen so gehen", erklärt Susanne Mühlhauser.

Auch Peter Kropsch setzt nach: "Mir ist schon öfter passiert, dass mir das Essen ungewollt aus dem Mund gefallen ist. Wenn das in einem geschützten Rahmen wie in meiner Tagesstätte vorkommt ist mir das nicht peinlich, aber wenn ich bei einer Veranstaltung bin schon. Ich drehe mich mit dem Rollstuhl dann immer weg, damit ich vor den Blicken anderer Leute geschützt bin. Es reagiert nicht jeder gleich auf so eine Situation. Wenn jemand aufsteht und geht oder über mich lacht dann bin ich furchtbar enttäuscht. Ich hätte gerne, dass die Leute es einfach akzeptieren, wenn mir sowas passiert."

Gesellschaftstier Mensch

Menschen mit Behinderung wollen - so wie wir alle - an einem schön gedeckten Tisch gemeinsam mit anderen Leuten essen. Niemand möchte allein in einem kahlen Raum, vielleicht sogar abgeschottet von anderen seine Nahrung zu sich nehmen, bloß um das Überleben zu sichern. Für Peter Kropsch ist es wichtig, dass seine Betreuungspersonen genügend Zeit für ein gemeinsames Essen einplanen. "Wenn ich wenig Zeit zum Essen habe ist stehe ich unter hohem Druck, wodurch ich mich leichter verschlucke. Essen ist einfach wichtig, darum will ich es auch genießen können", so Peter Kropsch abschließend. (red)