Wien - In einer feierlichen Zeremonie am Fuß der Akropolis in Athen werden die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union gemeinsam mit ihren Kollegen aus den zehn Beitrittsstaaten am Mittwoch den historischen EU-Erweiterungsvertrag unterzeichnen. Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, die Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern werden dann - vorbehaltlich der ausständigen EU-Referenden und Ratifizierungsverfahren - mit 1. Mai 2004 der EU beitreten. Der Gipfel, bei dem die Staats- und Regierungschefs feierlich das Ende der europäischen Nachkriegsordnung besiegeln, ist auch eine Gelegenheit für die Europäer, nach dem wochenlangen Irak-Streit wieder Einigkeit zu demonstrieren.

Auf Festakt folgt "Europakonferenz"

Unterschrieben wird der Erweiterungsvertrag auch von den Außenministern der 15 derzeitigen und zehn künftigen EU-Mitgliedern. Zu dem Festakt und der darauf folgenden "Europakonferenz" werden weitere hochrangige europäische Regierungsvertreter erwartet, darunter der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan und der russische Außenminister Igor Iwanow. UNO-Generalsekretär Kofi Annan hat eigens Stationen seiner Europareise verschoben, um der Feier in Athen beizuwohnen. Österreich ist bei dem Gipfel durch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) und Außenministerin Benita Ferrero Waldner (V) vertreten.

Begegnung der durch Irak-Krieg gespaltenen EU-Chefs

Mit Interesse wird wohl das Zusammentreffen der wegen des Irak-Kriegs untereinander gespaltenen EU-Chefs verfolgt werden. In Athen begegnen sich somit auch der an Seiten der USA stehende britische Premierminister Tony Blair und die stärksten Kriegsgegner, Frankreichs Präsident Jacques Chirac und Deutschlands Bundeskanzler Gerhard Schröder.

Der Gipfel beginnt Mittwoch Vormittag mit einer Diskussion mit dem Präsidenten des EU-Verfassungskonvents, dem früheren französischen Staatspräsidenten Valerie Giscard d'Estaing. Der Konvent soll bei einem Sondergipfel Ende Juni einen Entwurf für eine europäische Verfassung vorlegen.

Zusammentreffen der kleineren EU-Staaten vor Unterzeichnung geplant

Um sich im Konvent mehr Gehör zu verschaffen, wollen sich die Regierungschefs der kleineren und mittleren EU-Staaten vor der Unterzeichnung des Erweiterungsvertrags mit ihren Kollegen aus den Beitrittsländern (außer Polen) zusammenkommen. In Luxemburg hatten Anfang April die Regierungschefs Österreichs, Belgiens, der Niederlande, Luxemburgs, Irlands, Finnlands und Portugals den deutsch-französischen Plänen zur Schaffung eines ständigen EU-Ratspräsidenten eine klare Absage erteilt. Das Treffen am Dienstag oder Mittwoch früh sei als informelle Zusammenkunft geplant, Erklärungen seien nicht vorgesehen, sagte ein luxemburgischer Regierungssprecher der APA. Dienstagabend findet auch ein Treffen der Chefs der Europäischen Volkspartei (EVP) statt.

Festakt an der "Geburtsstätte der Demokratie"

Schauplatz des Festakts zur Unterzeichnung des EU-Beitrittsvertrags am Mittwoch Nachmittag ist die "Stoa von Atalos" bei der antiken Akropolis. Die frühere Agora im antiken Athen erinnert symbolisch an die Geburtsstätte der Demokratie in Europa. Dabei wird laut dem vorläufigem Programm zunächst der amtierende Ratspräsident und griechische Ministerpräsident Costas Simitis eine Rede halten, gefolgt von Grußworten der Staats- und Regierungschefs, des Präsidenten des Europaparlaments, Pat Cox, und des EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi.

Europakonferenz anschließend am Donmerstag

Für Donnerstag hat der griechische EU-Vorsitz zu einer "Europakonferenz" in der Zappeion-Halle im Zentrum von Athen geladen. Vertreten sind neben den EU- und Beitrittsländern und den Kandidatenstaaten Bulgarien, Rumänien und Türkei auch Albanien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Island, Kroatien, Liechtenstein, Moldawien, Norwegen, Russland, die Schweiz, Serbien-Montenegro und die Ukraine. Die "Europakonferenz" ist als begleitendes Gremium zum Erweiterungsprozess gedacht, in dem Außen- und Sicherheitspolitik, Justiz und Inneres, regionale Zusammenarbeit oder Wirtschaftsfragen in allgemeiner Form erörtert werden. Aus dem Bundeskanzleramt hieß es, Österreich werde bei dieser Tagung durch die Außenministerin vertreten.

Die EU-Erweiterung um zehn Staaten war von den europäischen Staats- und Regierungschefs im Dezember 2002 beim Gipfel in Kopenhagen beschlossen worden. In Referenden hat sich die Bevölkerung von Malta (53,6 Prozent) und Slowenien (89,6 Prozent) im März mehrheitlich für die EU-Mitgliedschaft ausgesprochen. Bulgarien und Rumänien sollen nach dem Willen der EU 2007 beitreten. Über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei will die EU Ende 2004 entscheiden.(APA)