Auf Druck seines Vizes Pröll (ÖVP) stimmte Kanzler Faymann (SPÖ) der Einrichtung einer Transparenzdatenbank für staatliche Leistungstransfers zu. Datenschützer kritisieren, dass eine Verwaltungsreform mehrfache Sozialleistungsbezüge eher eindämmen würde.

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 Wien - Josef Pröll will mit der Transparenzdatenbank "Missbrauch bekämpfen", weil: Ziel des schwarzen Vizekanzlers ist, "ein System mit Anreiz, Arbeit aufzunehmen, und nicht ein System, das zur Hängematte werden kann". Sein Wirtschaftsminister möchte mit der neuen Technik nicht nur Sozialtransfers für die Behörden ersichtlich machen. Sondern auch Mehrfachförderungen für Unternehmen will Reinhold Mitterlehner beleuchten - wo doch das Land schon Europameister im Abkassieren öffentlicher Subventionen ist.

Der rote Kanzler beschwichtigt, dass es bloß darum gehe, "die richtigen Leistungen an die Richtigen" zu verteilen, denn seit Werner Faymann sich mit dem Koalitionspartner jetzt doch auf das mögliche Abrufen sämtlicher Beihilfen per Computer geeinigt hat, ist der Gewerkschaftsbund verdrossen - der ÖGB lehnt das Transferkonto nämlich schlichtweg ab. Aber auch ÖVP-intern regen sich gegen die geplante Transparenzmaschine der Regierung erste Einwände. Bauernbündler Fritz Grillitsch etwa verlangt die Geheimhaltung von Förderungen für Landwirte, nachdem ohnehin schon ersichtlich ist, welche Betriebe Subventionen aus Brüssel erhalten.

Kann mithilfe der Datenbank tatsächlich Schindluder mit dem Sozialstaat raschest aufgedeckt werden? Oder droht da gar eine "Stigmatisierung" von sozial Bedürftigen wie in einem "Überwachungsstaat", wie etwa Caritas oder Grüne monieren? Der Datenschutzspezialist Hans Zeger von der Arge Daten, die sich seit 1983 mit dem Einsatz neuer Techniken befasst, qualifiziert die Transparenzdatenbank, die bis Jahresende gesetzlich fertiggestellt sein soll, jedenfalls als "ein populistisches Placebo, das die gesellschaftlichen Spannungen weiterhin verschärfen wird".

Den Vorkämpfern gegen das Beziehen von Doppelförderungen und Mehrfachsubventionen hält der Experte entgegen, dass dieses Beziehen aufgrund des "föderalistischen Wirrwarrs" bis dato rechtlich legitim sei. Die Regierung wäre daher vielmehr gefordert, bestehende Gesetze zu überprüfen und etwaige Doppelgleisigkeiten mit einer Verwaltungsreform zu beseitigen. Zeger: "Und dafür braucht man nicht zuerst einmal fünf Jahre lang Daten über sozial Schwache zu sammeln."

Wie der Staat Missbrauch von Sozialleistungsempfängen dennoch eindämmen kann? Der Datenschützer plädiert für eine Anlaufstelle für Bedürftige samt Clearing-Stelle, denn: Studien hätten bereits mehrfach belegt, dass nur drei bis fünf Prozent von Förderungen widerrechtlich eingestreift werden, jedoch rund 20 Prozent der tatsächlich Bedürftigen aus Scham oder Unkenntnis gar keine Anträge auf Hilfe stellen.

Neid und Zwietracht

Stattdessen, warnt Zeger, drohe eher ein Missbrauch der neuen Technologie durch die Behörden: "Sobald Beamte Daten abrufen, entscheiden sie mitunter nicht unvoreingenommen über die Vergabe von Geldern." Als Beispiel nennt er einen Künstler, der bei einem Gemeindebediensteten um ein monatliches Arbeitsstipendium ansucht, das höher liegen würde als das Gehalt des Beamten. Zeger: "Dazu lässt sich der Datenschutz überhaupt nicht kontrollieren. Denn was abgefragt wird, spricht sich dann auch automatisch herum." (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, Printausgabe, 4.3.2010)