Am Landesgericht Wiener Neustadt steht der vom Umfang her größte Prozess in der Geschichte des Hauses bevor: Ab 2. März müssen sich 13 Tierschützer verschiedener Organisationen wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation - nach dem sogenannten Mafia-Paragraf 278 a - vor Einzelrichterin Sonja Arleth verantworten. 34 Verhandlungstage sind - zunächst - bis zum 17. Juni angesetzt, rund 130 Zeugen sollen gehört werden.

Mit der Ausdehnung von ursprünglich zehn auf 13 Beschuldigte umfasst der Strafantrag, in dem u.a. das Zusammenwirken bei Kampagnen, Nötigungsversuche und Sachbeschädigungen mit teilweise hohen Schadenssummen aufgelistet sind, nun rund 300 Seiten, sagte Erich Habitzl, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt. Sechs Personen, darunter VGT-Obmann Martin Balluch (Verein gegen Tierfabriken), sind nur nach Paragraf 278 a angeklagt, die sieben weiteren auch wegen anderer Delikte. Dem Prozessbeginn folgen in der ersten Woche Verhandlungstage am 4. und 5. März.

Über Jahre hinweg ist gegen mehr als 40 Tierschützer ermittelt worden, gegen 28 Aktivisten wurde das Verfahren erst vor wenigen Wochen eingestellt. Erhoben wurde im Zusammenhang mit Straftaten wie Brandstiftungen, Sachbeschädigungen, Gasanschläge und andere Sabotageakte auf Lebensmittelkonzerne, Bekleidungshandelsketten, pharmazeutische Unternehmen, Produzenten landwirtschaftlicher Produkte und jagdliche Einrichtungen. Im Frühjahr 2008 wurden österreichweit Hausdurchsuchungen durchgeführt und mutmaßliche radikale Tierschützer festgenommen.

267 Verdächtige

Dem Verein gegen Tierfabriken zufolge wurden damals gegen insgesamt 267 Verdächtige Überwachungsmaßnahmen angeordnet, 30 Wohnungen sowie acht Tierschutzbüros durchsucht und die Infrastruktur einiger Vereine über Jahre hinweg lahmgelegt, beklagte Balluch Anfang Februar. Er und die weiteren Beschuldigten, darunter zwei Frauen, erhielten vor kurzem Schützenhilfe: 220 Prominente, Aktivisten und Privatpersonen, die in der Causa einen Angriff auf Demokratie und Rechtsstaat sehen, kritisierten die Anklage nach § 278 a und kündigten Selbstanzeigen bei der Staatsanwaltschaft Wien an. In Wiener Neustadt sei bis dato eine Selbstanzeige eingegangen, so Habitzl am Freitag.

Der VGT hat für den Prozessbeginn am kommenden Dienstag eine Kundgebung angemeldet, bei der Wiener Neustadts Polizeidirektor Anton Aichinger mit 20 bis 30 Teilnehmern vor dem Gerichtsgebäude rechnet. Bereits morgen, Samstag, gibt es eine Demonstration in Wien: Laut ÖAMTC werden zum "Protest gegen die Repression gegen Tierrechtsaktivisten" rund 500 Menschen erwartet. Der Zug soll von der Universität (12.30 Uhr) - mit einer Zwischenkundgebung vor dem Landesgericht - bis zum Christian-Broda-Platz führen.

Im Landesgericht Wiener Neustadt wird der Sicherheitsdienst aufgrund des erwarteten Andrangs verstärkt, hieß es aus dem Präsidium. Für die Presse wurden Platzkarten im Schwurgerichtssaal vergeben. "Gerüstet" hat man sich im Haus auch in anderer Hinsicht: In der Kantine werde zusätzlich vegane Küche angeboten. (APA)