Nicht nur dem Rechnungshof waren die teuren Marketing-Aktionen des ÖBB-Personenverkehrs unheimlich, auch den Fahrgästen fehlten Plan und Durchblick.

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Wien - Ein EURegio-Ticket nach Znaim, das um ein Drittel billiger ist als die Standard-Fahrkarte nach Retz - Skurrilitäten wie diese sind ÖBB-Kunden vertraut. Sie sind aber keine Einzelfälle, wie im Prüfbericht des Rechnungshofs (RH) über "Sonderpreisangebote im ÖBB-Personenverkehr" aufzeigt. Laut dem Bericht konnte der vom damaligen Verkehrsminister Hubert Gorbach im April 2004 bestellte Vorstandsdirektor der ÖBB-Personenverkehr AG, Stefan Wehinger, von Marketing-Aktionen, Sonderangeboten und Event-Tickets (zum Beispiel zum Donauinselfest) gar nicht genug bekommen. Insgesamt 241 verschiedene Sondertariftickets hat der RH allein im Jahr 2008 (dem Jahr, in dem Wehingers Vertrag mit der ÖBB einvernehmlich, aber vorzeitig gelöst wurde) aufgespürt. Die Prüfung umfasste die Jahre 2006 bis 2008.

Keine Übersicht

Allerdings: Eine Übersicht über diverse Sonderpreisprodukte gab es ebenso wenig wie realistische Kalkulationen für die durch Marketing-Aktionen erwarteten Umsatz- und Ertragserwartungen. Außerdem sei das Potenzial neuer Vorteilscard-Besitzer bereits ausgeschöpft gewesen, zum Teil seien die Produkte für Destinationen gewesen, die von den Kunden nicht nachgefragt wurden, weshalb nicht einmal Mindestumsatzgrenzen erreicht wurden.

Erwirtschaftet seien mit "Sparschiene", "Wedelweiss-Ticket" und Co insgesamt 21 Mio. Euro Umsatz, also sieben bis acht Prozent des gesamten Ticketerlöses. Zwei Drittel davon kamen aus nur drei Angeboten (Sparschiene, EURegio und Jugendaktion). Stimmt nicht, sagt die Bahn, parallel dazu seien die Umsätze aus Ticketverkäufen 2007 um sieben Prozent (auf 17,3 Mio. Euro) und 2008 um 11,2 Prozent (auf 29,6 Mio. Euro) gestiegen.

"Ein wirtschaftlicher Nutzen war mangels Planungsrechnungen und aussagekräftiger Evaluierungen nicht nachweisbar", so das vernichtende Urteil der staatlichen Buchprüfer. Auch einen "nennenswerten Effekt" auf Image oder Kundenzufriedenheit des ÖBB-Personenverkehrs "war nicht gegeben". Dafür waren ab Start der Sieben-Euro-Tickets für Senioren die Züge überfüllt und vollzahlende Fahrgäste sauer.

Vorstand weist Kritik zurück

Die Anfang 2008 gedrehte Senioren-Werbekampagne mit Schauspielerin Ruth Drexel kostete 917.000 Euro, war vom Vorstand aber formal nie genehmigt worden. Wehingers Ende 2007 bestellte Nachfolgerin, Gabriele Lutter, und der ein Jahr später engagierte Finanzvorstand, Josef Halbmayr, schlankten die Sonderangebotspalette kräftig ab. Wirksam wurden Änderungen freilich erst 2009, weil international fixierte Tarife lange Vorlaufzeiten haben und stets ab Fahrplanwechsel im Dezember wirksam werden.

Die Kritik an zu vielen Sonderangeboten weist man trotzdem zurück. Es habe nicht 241 Einzelangebote gegeben, sondern 54 "Preismarken", mit jenen der Billigfluglinien vergleichbar. (ung, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.2.2010)