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Obama kämpfte in einer TV-Konferenz für die Gesundheitsreform. Links neben ihm Vizepräsident Joe Biden, rechts Gesundheitsministerin Kathlen Sebelius und die Republikaner Mitch McCornell und John Boehner.

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Demonstranten gingen für Barack Obamas Gesundheitsreform auf die Straße. Republikanische Senatoren blieben bei ihrer Ablehnung.

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Der Gipfel zur Gesundheitsreform zeigte die große Kluft, die zwischen Demokraten und Republikanern in dieser Frage liegt. Im Blair House, Washingtons vornehmstem Gästehaus, traf Präsident Barack Obama mit seinen republikanischen Widersachern zusammen, um über die umkämpfte Gesundheitsreform zu reden.

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Die Tische, grün-weiß dekoriert, hat man zu einem Quadrat zusammengestellt. Ursprünglich sollten sie ein Hufeisen bilden, aber da regte sich schnell der Protest. An einem Hufeisen hätten ein paar der 40 geladenen Politiker keinen Platz gehabt, sie hätten neben ihren Assistenten in der zweiten Reihe sitzen müssen. Oder die Stuhllehne des Präsidenten: Anfangs sollte sie die anderen Lehnen leicht überragen, am Ende war sie genauso hoch, allerdings höchst fotogen platziert vor einem historischen Kamin.

Wenn der kleinliche Formalienstreit etwas über die Atmosphäre aussagte, dann ahnte man: Den großen Durchbruch dürfte der "Health Care Summit" nicht bringen. Vielleicht sah es auch der Präsident so, doch wenn dem so war, dann gab er sich größte Mühe, es zu verbergen.

"Es ist eine sehr ideologische Schlacht geworden. Ich hoffe, wir reden nicht nur über das, wo wir unterschiedlicher Meinung sind. Ich hoffe, dies hier ist kein politisches Theater", appelliert Barack Obama an die Opposition.

Die Replik der Konservativen, vorgetragen von Lamar Alexander, einem Senator aus Tennessee, macht indes deutlich, wie klein der Spielraum für Kompromisse ist. "Lassen Sie uns den Gesetzentwurf zurück ins Regal legen. Lassen Sie uns von vorn beginnen, mit einem leeren Blatt Papier."

Sechs Stunden Debatte hatte man angesetzt im Blair House, einer alten Villa, in der man sonst Staatsgäste einquartiert. Live übertragen von den Kabelsendern, sollte der Dialog Sachlichkeit in die Debatte bringen. Die Art, wie Obama Regie führt, erinnert auch eher an einen Professor im Seminar. Und doch wird deutlich, wie dünn die Haut der Protagonisten in Wahrheit ist. "Leider wurde dieses Produkt hinter verschlossenen Türen produziert" , stichelt John McCain auf Abmachungen anspielend, bei denen Senatoren aus Staaten wie Nebraska und Louisiana im stillen Kämmerlein millionenschwere Zugeständnisse herausschlugen. "Lassen Sie mich dies auf den Punkt bringen, John" , erwidert Obama, sichtlich verärgert ob des polemischen Tons. "Wir führen keinen Wahlkampf mehr, die Wahl ist gelaufen."

Der Republikaner John Kyl spricht von fundamentalen Gegensätzen: Ob der Staat oder der Einzelne hauptsächlich entscheiden solle, "darin stimmen wir nicht überein" . Harry Reid, der staubtrockene Mehrheitsführer des Senats, zitiert Statistiken: Jährlich sterben 45000 US-Bürger nur deshalb, weil sie nicht krankenversichert waren, 70 Prozent aller privaten Insolvenzen gehen auf plötzliche Krankenhauskosten zurück.

Nun kreist der Diskurs um die Frage, ob Obama noch einen Weg findet, die Reform durch den Kongress zu bringen. Theoretisch gibt es ein Verfahren, obwohl den Demokraten die für Gesetze nötige 60-Stimmen-Mehrheit im Senat fehlt, das Schlichtungsverfahren. Es ist eigentlich für Budgetfragen gedacht, es genügt eine einfache Mehrheit von 51 Senatoren. (Frank Herrmann aus Washington/DER STANDARD, Printausgabe, 26.2.2010)