Luxemburg - Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Donnerstag entschieden, dass israelische Waren aus dem besetzten Westjordanland nicht zollfrei in die EU eingeführt werden dürfen, weil das Okkupationsgebiet nicht Teil des Staates Israel ist. Im vorliegenden Fall ging es um Trinkwassergeräte der Marke "Soda-Club", die in der israelischen Siedlung Maale Adumim im Westjordanland hergestellt werden. Der israelischen Produzent wollte sie zollfrei einführen und berief sich im Streit mit dem Hauptzollamt Hamburg-Hafen auf entsprechende israelische Bescheinigungen. In diesen Papieren hatten die Behörden bestätigt, die Waren stammten aus einer Zone unter israelischer Zollzuständigkeit. Sie hatten jedoch keine näheren Auskünfte darüber gegeben, ob die Geräte in den besetzten Gebieten hergestellt worden seien. Der deutsche Zoll erkannte die Bescheinigungen nicht an.
1995 hatte die EU mit Israel die Zollfreiheit von Einfuhren vereinbart, davon aber ausdrücklich Erzeugnisse aus israelischen Siedlungen im Westjordanland, dem Gazastreifen, Ostjerusalem und den syrischen Golanhöhen ausgenommen. In der Praxis hatte das aber kaum Folgen, da Israel auch Exporte von dort als "Made in Israel" ausgibt. Das gilt für Schnittblumen, Badesalz oder Sodawassergeräte aus dem Westjordanland ebenso wie für Wein vom Golan. 1997 schloss die EU mit der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) ein ähnliches Abkommen. Der Argumentation der Kläger, die Trinkwassersprudler seien nach einem der beiden Abkommen in jedem Fall zollfrei, schlossen sich die EU-Richter in Luxemburg nicht an. Jedes der beiden Abkommen habe "einen eigenen räumlichen Geltungsbereich", entschied der EuGH. Das Abkommen mit Israel gelte für das Gebiet des Staates Israel. Die Erzeugnisse aus dem Westjordanland fielen daher "nicht in den räumlichen Geltungsbereich des Abkommens mit Israel". Deshalb gebe es auch keine Zollfreiheit. Die israelischen Behörden hätten dann keine ausreichenden Angaben gemacht, um den tatsächlichen Ursprung der Waren feststellen zu können. Deswegen seien die EU-Behörden an entsprechende Bestätigungen der israelischen Stellen nicht gebunden.
Die palästinensische Führung verlangt seit Jahren von der Europäischen Union Beschränkungen für den Import von Produkten aus den israelischen Siedlungen im besetzten Westjordanland. 2004 hatte Israel seinen jahrelangen Streit mit der EU um Zollvergünstigungen für Einfuhren aus den besetzten Gebieten beigelegt. Die Produkte sollten so gekennzeichnet sein, dass eine Unterscheidung zu Importen aus Israel möglich wird. In der Union war damals sogar erwogen worden, das Assoziationsabkommen mit Israel zu suspendieren. Israel hatte Produkte aus Siedlungen in den besetzten Gebieten als "Made in Israel" gekennzeichnet, um von Zollvorteilen zu profitieren. Nach dem Assoziierungsabkommen genießen israelische Exporte in EU-Länder hohe Zollvergünstigungen.
Der israelische Siedlungsbau verstößt nach dem Verständnis der EU gegen die Genfer Konventionen und ist völkerrechtswidrig. In ihrem Artikel 49 legt die Vierte Genfer Konvention fest: "Besatzungsmächte dürfen Teile ihrer eigenen Zivilbevölkerung nicht in besetzte Gebiete umsiedeln". Israel argumentiert, die im Sechs-Tage-Krieg eroberten Territorien wären nicht im ursprünglichen Sinn "besetztes Gebiet". Diese Auffassung akzeptieren selbst die USA als Schutzmacht Israels nicht.
Im Jahr 2003 blieb der spanische Zoll hart, als Israel sich bei einer Lieferung weigerte, zwischen Produkten aus besetzten Gebieten und israelischen Erzeugnissen zu unterscheiden. 2009 verlangte auch der deutsche Zoll Geld für die Einfuhr von Sodawassergeräten aus der Siedlung Maale Adumim. Im vergangenen Dezember hatte die britische Regierung Supermärkte zur Kennzeichnung von Produkten aus israelischen Siedlungen in besetzten Gebieten angehalten. (APA)