Die Schiedsrechtsnovelle 2006 hätte Wien zu einem begehrten Standort für internationale Schiedsverfahren machen sollen. Doch diese Hoffnung ist nur zum Teil aufgegangen. Vor allem die damalige Entscheidung, Schiedssprüche einem dreistufigen Anfechtungsverfahren vor den staatlichen Gerichten zu unterziehen, lässt viele Parteien einen weiten Bogen um Österreich machen.

"Der Vorteil des raschen Schiedsverfahrens wird durch das lange Berufungsverfahren relativiert" , sagt Michael Auer, Präsident der Rechtsanwaltskammer Wien. "Österreich ist in der Konkurrenz mit anderen Schiedsorten eindeutig im Nachteil."

In der Schweiz wandert die Anfechtung eines Schiedsspruches sogleich zum Höchstgericht, in Deutschland und Frankreich gibt es zweistufige Verfahren, die mit einem erfahrenen Berufungsgericht beginnen. In Österreich muss sich ein Richter in der ersten Instanz plötzlich mit einer Millionencausa herumschlagen, die er gar nicht versteht.

"Nicht nach Österreich"

Verfahren können drei bis fünf Jahre dauern, während in der Schweiz eine Anfechtung meist in drei oder vier Monaten erledigt ist, sagt Maximilian Burger-Scheidlin, Geschäftsführer der ICCAustria. Für Schiedsverfahren werden meist neutrale Standorte ausgesucht, so Burger-Scheidlin weiter. "Wenn Österreich infrage kommt, dann andere Staaten auch. Ein gescheiter Anwalt wird sagen: Dann gehe ich nicht nach Österreich." So hat etwa der Präsident des ICC-Schiedsgerichtshofs, Robert Briner, wegen der dreistufigen Berufung in keinen Vertrag mehr Wien als Schiedsort hineingeschrieben, sagt Burger-Scheidlin.

Zwar ist die Zahl der Schiedsverfahren in Wien in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, aber es hätten viel mehr werden können. "Für Sitzungen fliegen dann dutzende Leute ein, bei großen Causen sogar hunderte" , sagt Burger-Scheidlin. "Sie geben viel Geld aus für Hotels und Abendessen. Da geht der Wiener Wirtschaft viel verloren."

Deshalb drängt Auer Justizministerin Claudia Bandion-Ortner zu einer raschen Novellierung und hofft auf ein offenes Ohr. Die letzte Berufungsinstanz aber müsse der OGHbleiben, sagt er. (Eric Frey, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 24.2.2010)