Wien - Zweieinhalb Jahre Ermittlungsarbeit, dann endlich der Prozessauftakt, zu dem gleich zehn Angeklagte mit rechtsbeiständlichem Anhang anmarschieren. So einen Termin kann man nicht sausen lassen - auch wenn gerade die richterliche Streikwoche ausgerufen wurde. Und schon gar nicht, wenn auch Mitarbeiter des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV) und der Wiener Linien mit auf der Anklagebank sitzen.

Begonnen hatte die ganze Affäre damit, dass eine Schlossereifirma einen ihrer Mitarbeiter nach langem Krankenstand kündigte. In beiderseitigem Einvernehmen. Doch so einvernehmlich war diese Trennung offenbar doch nicht - denn der Gekündigte marschierte danach zur Polizei und berichtete von unlauteren Praktiken, mit denen Aufträge von Wiener Kommunalunternehmen durchgeführt worden waren.

Aufträge, die das Schlossereiunternehmen in Wiener Spitälern wie dem SMZ-Süd, dem Preyer'schen Kinderspital und in mehreren U-Bahn-Stationen abgewickelt hatte. Das System war einfach - und die beiden Hauptangeklagten von der Auftragnehmerseite geben die Straftaten im Wesentlichen auch zu: Wenn Arbeiten durchgeführt wurden, hatte man danach auf den sogenannten Regiescheinen deutlich mehr Arbeitsstunden als die tatsächlich geleisteten verrechnet. Zum Teil wurden auch Arbeiter angegeben, die am selben Tag auf anderen Baustellen werkten - oder gar gerade im Krankenstand waren.

"Fragwürdige Ermittlungsergebnisse"

Nur die angeklagte Schadenshöhe bestreitet der hauptangeklagte ehemalige Geschäftsführer des Schlosserei-Unternehmens. Seitens der Verteidigung werden "fragwürdige Ermittlungsergebnisse" beanstandet: Die ermittelnden Beamten hätten nach Durchsicht der Unterlagen teils das verarbeitete Material anerkannt - aber keine einzige Arbeitsstunde, weil falsche Namen der Arbeiter eingetragen waren. Nur: Irgendjemand habe doch diese Arbeiten durchführen müssen. Der entstandene Schaden belaufe sich daher tatsächlich auf rund 50.000 Euro - rund 20 Prozent der angeklagten Summe.

Und die Mitarbeiter der Stadt- Wien-Unternehmen? Bekennen sich allesamt nicht schuldig. Die Kommunalbediensteten hätten die Regiescheine auf Anweisung der Vorgesetzten ausgefüllt und diese gar nicht überprüfen können, führt die Verteidigung an. Und ein Werkmeister "ist ein Mann des Schraubenziehers und kein Mann des Kugelschreibers".

Und all die Geschenke, die diese Mitarbeiter für ihr "Entgegenkommen" bekommen haben sollen? Der eine erhielt laut Anklage Liftkarten für eine Wintersaison, der andere Reisegutscheine in Höhe von rund 4000 Euro. Einem anderen wurde wiederum ein 6000 Euro teurer Gartenzaun auf Firmenkosten aufgestellt, ein weiterer musste das Service für seinen Pkw nicht bezahlen und bekam einen Auspuffkrümmer als Zugabe. All das sei selbst bezahlt worden, dafür gebe es Rechnungen, sagt die Verteidigung. Vor allem aber wird einmal mehr vor Gericht betont: Die Mitarbeiter dieser rechtlich von der Stadt Wien ausgegliederten Unternehmen - das seien ja eigentlich gar keine Beamten.

Der Prozess unter dem Vorsitz der Richterin Daniela Setz-Hummel ist für rund zweieinhalb Wochen angesetzt. (Roman David-Freihsl/DER STANDARD-Printausgabe, 23.2.2010)