Wien - Mit der Zahl der Baustellen nehmen Verspätungen zu und mit ihnen die Beschwerden über ÖBB-Angebot und Servicequalität. Sie sind im Vorjahr um sieben Prozent gestiegen. Im Schnitt haben sich laut ÖBB-Informationen, die dem STANDARD vorliegen, pro Monat 3600 Kunden bei der ÖBB-Personenverkehr-AG (PV) beschwert.

Im Jahr davor, als der Bahnausbau wegen der EURO 2008 vorübergehend auf Eis gelegt worden war, regten sich pro Monat um 300 Bahnfahrer weniger über Verspätungen im Nahverkehr, unklare (oder falsche) Tarife, defekte (oder zu komplizierte) Fahrausweisautomaten. Wiewohl schadhafte Türen und unbenützbare Toilettenanlagen gefühlsmäßig am häufigsten kritisiert werden, bleiben Beschwerden über "Produkt Zug" doch hinter Verspätungen bei Pendlerzügen und S-Bahn zurück.

Vandalenakt

Letzteres lag im Vorjahr nicht nur am massiven Bauprogramm der von Politikern und Industrie als Konjunkturlokomotive gepriesenen ÖBB (mit ihren 14,6 Milliarden Euro Schulden), sondern auch am Stellwerk Süßenbrunn, das einem Vandalenakt zum Opfer gefallen war. Verspätete Übergabe an den Grenzen zu oder nach Deutschland, Ungarn und Tschechien seien im Fernverkehr häufig Verspätungsgrund, den die ÖBB aber nicht beeinflussen könne, sagt ÖBB-Sprecher Alfred Ruhaltinger. Hinzu kämen Baustellen im deutschen Eck und in Tschechien.

Die auf mehr als 53.400 gestiegene Zahl der im ÖBB-Callcenter und per Brief eingegangenen Beschwerden relativiert er: Das sei bei 200 Millionen Fahrgästen nicht alarmierend, pro 10.000 Fahrgästen beschwerten sich lediglich 2,4. Das liege auch an der Passagiercharta, die den Kunden Schadenersatz sichert. Aus diesem Titel musste die ÖBB Gutscheine im Wert von 23.000 Euro ausgeben, weitere 265.000 Euro in Form von Gutscheinen wurden als Wiedergutmachung verteilt. Dass das Kundenservice überlastet und mehr als 4000 schriftliche Beschwerden ihrer Beantwortung harren, bestätigt man bei der Bahn nicht. (ung/DER STANDARD-Printausgabe, 23.2.2010)