Linz - Live beobachtet und dabei sogar gefilmt haben Linzer Forscher in Kooperation mit Kollegen der Stanford University (USA) molekulare Vorgänge rund um die Immunabwehr von Krankheitserregern. Die Versuche mit künstlichen Zellmembranen sind Teil des Genomforschungsprogrammes "Gen-au". Sie wurden vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützt und in der jüngsten Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift "Nature" veröffentlicht.

Das Immunsystem ist ein zweischneidiges Instrument. Einerseits ist es unverzichtbar, um einen Menschen gesund zu erhalten, Eindringlinge aus dem Reich der Mikroben oder auch Krebszellen unschädlich zu machen. Das Immunsystem kann sich aber auch gegen unproblematische und sogar gesunde körpereigene Substanzen wenden und damit Allergien oder Autoimmunerkrankungen verursachen. 

Modellsystem mit T-Zellen

Die Art und Weise, wie das System zwischen Gut und Böse unterscheidet und welche Fehler dabei möglich sind, ist daher ein intensiv bearbeitetes Forschungsgebiet. Das Team um "Gen-au"-Projektleiter Gerhard Schütz verfolgte im Rahmen des Forschungsvorhabens das zentrale Protein - den sogenannten T-Zell Rezeptor - beim Aufspüren von Krankheitserregern. Die Wissenschafter stellten zunächst die Immunerkennung in einem Modellsystem nach. Dazu wurden T-Zellen mit dem Imitat einer Zellmembran konfrontiert. Tatsächlich ließen sich die Abwehrzellen überlisten und reagierten mit der typischen Immunantwort, indem sie einen stabilen Kontakt mit der Membran aufbauten.

Weiters markierten die Forscher gezielt bestimmte Proteine, die Andockstelle auf der T-Zelle sowie ein Bruchstück eines Krankheitserregers in der künstlichen Membran. Über hochsensitive Kameras gelang es, die Bindung der beiden fluoreszierend markierten Moleküle im Kontaktbereich der T-Zelle mit der künstlichen Membran zu filmen. Überrascht waren die Wissenschafter von der Geschwindigkeit der molekularen Abläufe: Es zeigte sich eine zehnfach schnellere Dynamik als bisher vermutet.

Auch den Grund der erhöhten Geschwindigkeit konnten die Forscher ermitteln: "Offenbar 'zupft' die T-Zelle ständig am assoziierten Komplex", erklärte Schütz. Stellt man sich die Bindung von Proteinen als molekulare Klebrigkeit vor, dann geht die Zelle ähnlich vor, wie auch ein Mensch etwa mit einem Finger vorsichtig klebrige Stellen identifiziert. Bisher wurde diese aktive Rolle der T-Zelle nicht berücksichtigt. (APA)