Die Dietrich im Knize-Sommeranzug, um 1930.

Foto:Dietrich Collection, "kampf um die Stadt", Wien Museum im Künstlerhaus

Wien - Beim Herrenschneider Knize am Graben ließ sie sich 1930 einen Anzug schneidern; bei der Sommerfrische in Salzburg steckten die Beine der Dietrich bisweilen in einer kurzen Lederhose. Auch die Festspielbesucher jener Tage waren ganz vernarrt in Trachten und kombinierten die erworbenen ländlichen Janker und Krachledernen mit einer guten Prise städtischen Snobismus.

Marlene Dietrich jedoch wusste, was sie tat: "Nie blindlings der letzten der Mode in jede dunkle Gasse folgen, schon nach kurzer Zeit kann man lächerlich aussehen", ist ein Ausspruch der stilsicheren, trendsetzenden und stets eleganten Filmdiva überliefert. Ihr Spiel mit männlichen Modeelementen war auch eines mit Geschlechtergrenzen und Vorstellungen von Weiblichkeit - und obendrein ein kecker Angriff auf die vorherrschende Prüderie.

Die kühl-sachliche Frau

Marlene Dietrich war ein selbstbewusstes Role-Model der "neuen Frau", wie sie sich in den 1920er-Jahren etabliert hatte. Und diese Wandlung des nun "gleichberechtigten Weibs", so sah es zumindest Sexualpsychologe Alfred Kind, offenbarte sich auch in ihrem körperlichen Erscheinungsbild: "Die intellektuelle, kühl-sachliche Frau von heute, sie ist nach einem ehernen soziologischen Gesetze schlank." Vielmehr lässt sich das Bild der modernen Frau, dem in der Schau Kampf um die Stadt im Kapitel Männer, Frauen, Beziehungen. Erweiterung der Spielräume nachgegangen wird, aber an der Mode festmachen.

Für die Konstruktion von Geschlecht ist Mode wegen ihres visuellen, kommunikativen und öffentlichen Charakters von besonderer Bedeutung: "Sie formt den Körper zu einer sozialen Oberfläche", schreibt Susanne Breuss in ihrem Beitrag zum beinahe 600 Seiten starken und soeben im Czernin-Verlag erschienenen Ausstellungskatalog. Ausstellungsstücke wie Dauerwellenapparat und Zigarettenetuis finden dort bereichernde Ergänzung durch Zitate: Schriftsteller Emil Lucka notierte etwa, die Frau sei nicht dem Mann, sondern dem Knaben ähnlich geworden. Der kopiere zwar den erwachsenen Herren, nur dass man "alles dies doch nicht so ganz glaubt". (kafe, DER STANDARD/Printausgabe 20.2./21.2.2010)