Wien - 60 Seiten ist der Bericht lang und zeigt im Grunde nur, dass der Plan für eine Raketenabwehr der US-Regierung unter Barack Obama eine auffrisierte und klügere - weil die Kritik Russlands einbeziehende - Version des Raketenplans von George W. Bush ist. Der Verteidigungsminister ist schließlich derselbe geblieben.

Robert Gates präsentierte Anfang des Monats seinen Bericht zum Stand der ballistischen Raketenabwehr. Die magische Formel heißt "phasenweise angepasste Herangehensweise in Europa" . Im Klartext: Die geplanten zehn Abfangraketen in Polen kommen doch, nur ein bisschen später im Jahr 2018; dafür wird eine Raketenanlage in Rumänien gebaut und US-Kriegsschiffe, die im Mittelmeer kreuzen oder mitunter auch im Schwarzen Meer, werden mit Raketen ausgerüstet, die anfliegende Mittelstreckenraketen aus dem Iran zerstören sollen.

Nicht so schlimm für Russland, meinte Alexander Pikajew vom Moskauer Carnegie-Zentrum für Nonproliferation bei der Tagung zur Raketenabwehr in der Wiener Diplomatischen. Rumänien sei geografisch näher an der Golfregion und viel weiter weg von der russischen Grenze als Polen. Die ursprüngliche Version des amerikanischen Raketenschilds mit einem Radar in Tschechien und den Abfangraketen in Polen hatte Russlands Generäle aufgebracht.

Die jüngste Ankündigung des rumänischen Präsidenten, sein Land hätte mit den USA den Aufbau einer Raketenanlage vereinbart, war allerdings auch kein diplomatischer Meisterstreich, meinten die Diskutanten in Wien. Die kurz vor dem Abschluss stehenden russisch-amerikanischen Verhandlungen über ein neues Abrüstungsabkommen wurden dadurch unnötig gestört.

"Im Kern geht es weiterhin darum, den russischen Sicherheitsinteressen Rechnung zu tragen", meinte Bernd Kubbig von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung im Gespräch mit dem Standard. Überraschend sei die Obama-Regierung auch zum Unilateralismus der Bush-Jahre zurückgekehrt, indem sie allein mit Rumänien verhandelte. Offen sei, ob das Raketenschild der USA zur Aufrüstung führt oder in ein Sicherheitsarrangement eingebettet würde. (mab/DER STANDARD, Printausgabe, 20.2.2010)