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"Stairway to Heaven" von Eugenio Merino ist der Aufreger der Arco.

Foto: APA

Den obligaten Skandal gibt es auch.

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Ja, die Krise. In ihrer 29. Auflage verliert die Arco einen Ausstellungstag, den Nacht-Kunstkauf - und im Höchstpreissegment: Ein Francis Bacon-Selbstporträt (1987) für 1,63 Millionen Euro im Angebot, ist rückblickend betrachtet geradezu günstig: Vor zwei Jahren gab es Bacon auf der Arco noch für 20 Millionen Euro.

Was die Madrider Kunstmesse unverkennbar macht, ist ihre familiär-lockere Stimmung auch in ernsteren Zeiten. Und eine solide Werkauswahl von knapp 3000 Künstlern aus 25 Staaten. 218 Galerien sind heuer dabei, 280 waren es noch 2006, als Österreich Gastland war. Das ist heuer Los Angeles, die "kosmopolitische Megalopolis des 21. Jahrhunderts". Zwei Kuratoren haben rund 60 Künstler ausgewählt: Stars wie John Baldessari, David Hockney oder Raymond Pettibon und Newcomer. Doch das Gemeinschaftsprogramm der 17 aus L. A. angereisten Galerien wird von Spaniens Presse als eher unambitioniert kritisiert. Wie überhaupt die spanische Presse heuer nicht sonderlich begeistert von der Messe ist: Sie sei vom "Glanz der 70er und 80er Jahre weit entfernt", schreibt El País; und El Mundo beklagt "politische Einflussnahme und überteuerte Preise."

Dafür wurde der spanische Bildhauer Eugenio Merino (bei ADN, Barcelona) auch heuer seinem Ruf als Enfant terrible der Arco gerecht. 2009 ließ er einen Mini-Damien-Hirst-Selbstmord verüben, 2008 Kubas Comandante zur Splatterfilm-Puppe mutieren, heuer provoziert er mit Stairway to Heaven: Auf einem Imam kniet ein Priester, auf dessen Schultern steht ein Rabbiner. Tania Bruguera wiederum bearbeitete bei Performing Arco ein Replika des "Arbeit-macht-frei" -Schriftzuges von Auschwitz mit der Flex.

Krisenbewältigung

Seine Art, die Krise zu bewältigen, ist Geldvernichtung. Carlos Airos zerschnipselt 50-Euro-Scheine; dazu benötigte er eine Genehmigung der Nationalbank - Geldvernichten ist ein Verbrechen. Und ein Geschäft: Eine 50er-Note ist nach der Scherenschnitt-Behandlung mit 700 Euro dotiert.

Investoren und ihre Blasendefekte analysiert auch Peter Weibel: Mit Lines of Crimes (weißes, an Kokain erinnerndes Pulver zieht die Kurve einer Börsenkurstabelle nach) und seiner Mixed-Media Favela-Hauswand Zur modernen Finanzmarktarchitektur bei Grita Insam, einer von neun österreichischen Galerien (Charim, Hilger, Insam, Kargl, Mauroner, Projektraum Viktor Bucher, Ropac, St. Stephan, Thoman), die bei Spaniens Kunstkäufern offenbar hoch im Kurs sind.

Üppig das Kunst-Rundherum zur Arco, mit Miguel Barcelós Werkstoff-Experimenten bis hin zu den vom Louvre entlehnten Illustrationen der Göttlichen Komödie Dantes in der LaCaixa-Fundación; dazu im Museo Reina Sofia Skulpturen und Zeichnungen von Thomas Schütte. Fotografische Porträts, "Lebenslandkarten im Gesicht", nennt Pierre Gonnord seine einfühlsamen Großformate , die im Alcalá 31 ausgestellt sind. Arco-Synergien suchen auch drei Parallelmessen ArtMadrid, Justmadrid und Flecha. Ein anziehendes Potpourri, das Madrid zumindest bis Sonntagabend zum Zentrum aktueller Kunst macht. (Jan Marot aus Madrid, DER STANDARD/Printausgabe, 20./21.02.2010)