Wien - Gibt es einen signifikant höheren Anteil von ausländischen Straftätern? Wenn ja, warum? Wie sehr korrelieren die vorhandenen Zahlen mit der öffentlichen und der politischen Diskussion? Die Kriminalität und die Ausländer - dieses Thema stand am Donnerstagabend im Zentrum einer kontroversiellen Podiumsdiskussion, die das Polnische Institut in Wien organisiert hatte. Dabei wurde unter anderem deutlich, dass das subjektive Sicherheitsgefühl nicht unbedingt mit den Daten übereinstimmen muss, die die Statistik ausweist.

So machte der Leiter der kriminalpolizeilichen Abteilung der Bundespolizeidirektion Wien, Christoph Hetzmannseder, gleich zu Beginn darauf aufmerksam, dass die Zahl der Anzeigen in Wien seit dem Jahr 2003 von 260.000 in jenem Jahr bis auf 213.000 im Jahr 2008 gesunken ist. Lediglich 2009 gab es einen leichten Anstieg auf 228.000. Von 65.000 ausgeforschten Tatverdächtigen im Jahr 2008 waren nach diesen Angaben 22.700 oder rund 35 Prozent Ausländer. 2009 betrug dieser Anteil demnach 39,4 Prozent.

Keine Daten

"Die politische Debatte zur Ausländerkriminalität lasst sich oft nicht von Daten und Faken beirren", sagte die Grüne Nationalratsabgeordnete Alev Korun. Eines der Probleme der heimischen Statistiken sei oft, dass es in bestimmten Bereichen keine Daten gebe. Man wisse zum Beispiel nicht, ob ein ausländischer Straftäter jemand sei, der nur für das Begehen eines Verbrechens eingereist ist, oder ein Asylwerber oder ein Student. "Ich habe das Gefühl, dass bestimmte Daten so genau nicht erforscht werden sollen", so die Menschenrechtssprecherin.

Kriminalsoziologe Gerhard Hanak vom Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie sagte, das Thema "Kriminalität und Ausländer" sei nicht neu, sondern schon über Jahrzehnte diskutiert worden, "und das Erstaunlichste ist, wie unabhängig von realen Zahlen". Ein hoher Ausländeranteil bei den ausgeforschten Straftätern in der Statistik lasse sich oft durch einen Blick auf die Altersstruktur erklären. "Wo Alter, Geschlecht, schlechte Ausbildung und schlechter Zugang zum Arbeitsmarkt kumulieren", dort entstehe die Ausländerkriminalität, die aber keine Frage der Herkunft sei.

"Dumm, kontraproduktiv und gefährlich"

Für Kazimierz Woycicki, Journalist und Publizist in Polen an den Universitäten Warschau und Szczeczin (Stettin), hat die aktuelle Debatte in Österreich viel mit den bevorstehenden Wahlen in Wien zu tun. "Das Problem liegt aber woanders: Wir sind eine sehr alte Gesellschaft in Europa, aging society." Man benötige ganz dringend Immigranten, und die Gesellschaft "sollte alle Maßnahmen ergreifen, um diese zu integrieren". Woycicki zur seiner Meinung nach stattfindenden Kampagne in Sachen Ausländerkriminalität in Österreich: "Ich glaube, das ist ganz einfach dumm, kontraproduktiv und gefährlich für die Österreicher selbst."

Einmal mehr Thema war auch das sogenannte "Ethnic Profiling", Ermittlungen bei bestimmten Personengruppen aufgrund ihrer Herkunft oder Religionszugehörigkeit: Korun berichtete von unbescholtenen, in Wien lebenden Bürgern, die Besuch von zwei Polizisten in zivil bekommen hätten. Diese hätten "allen Ernstes" Fragen wie "Sind sie Tschetschene, Moldawier oder so etwas?" gestellt. Innenministerin Maria Fekter habe bei einer parlamentarischen Anfrage der Grünen zunächst zugegeben, dass es "Ethnic Profiling" gebe. Erst zwei, drei Wochen später habe sie das bestritten und es "Intensivtätererforschung" genannt.

Unglücklich verlaufen

Hetzmannseder meinte, dass die Vorstellung des Masterplans zur Bekämpfung der Einbruchskriminalität etwas unglücklich verlaufen sei. Bei 11.640 Einbrüchen in Wiener Wohnobjekte im Vorjahr habe man vorwiegend mit Tätern zu tun gehabt, die strukturiert, organisiert und arbeitsteilig vorgehen. Als Ermittlungsmethode greife am besten, diese Strukturen aufzudecken und zu zerschlagen. "Wir versuchen, die Logistik hinter jedem Verbrechen zu ergründen." Ethnic Profiling - im übrigen verboten - wies er zurück. (APA)