Für Norbert Darabos wäre die Umsetzung des vorliegenden Entwurfes der radikalste soziale Einschnitt der zweiten Republik

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Eisenstadt - SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos kritisiert im Zusammenhang mit der aktuellen Pensionsdebatte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel scharf. Der Kanzler habe als Chef der stärksten Regierungspartei das Pensionskürzungs-Modell zu 100 Prozent zu verantworten und sich offenbar schon "sehr, sehr weit" von den wahren Problemen und Bedürfnissen der Menschen entfernt, stellte er am Mittwoch am Rande einer Pressekonferenz in Eisenstadt fest. Die Bevölkerung sei zu Recht in Aufruhr.

Beim vorliegenden Entwurf handle es sich um den radikalsten sozialen Einschnitt in der Zweiten Republik, so Darabos. Die Pensionspläne von Schwarz-Blau seien weder sozial, noch gerecht, sondern brutal, ungerecht und eine reine Schröpfaktion jener Bevölkerungsgruppe, die kurz vor ihrer wohl verdienten Pension stehe. Darüber hinaus habe die ÖVP vor der Nationalratswahl "ganz was anderes" versprochen. "In Deutschland werden solche und ähnliche Machenschaften gerade unter dem Kürzel 'Wahlbetrug' diskutiert", erinnerte der SPÖ-Bundesgeschäftsführer.

Völlige "Instabilität der Neuauflage"

Die Diskussion rund um die Pensionsreform zeigt für Darabos außerdem "die völlige Instabilität der Neuauflage von Schwarz-Blau". Die FPÖ sei "völlig von der Rolle" und leide offenbar bereits unter Realitätsverlust. Das belege die Aussage von Vizekanzler Herbert Haupt (F), wonach das Regierungsprogramm zu 100 Prozent umgesetzt werde.

Die Instabilität hat nach Einschätzung von Darabos aber auch schon die ÖVP erfasst. "Wenn sich nun bereits prominente Spitzenfunktionäre der ÖVP, vor allem aber ganze Länderorganisationen, von der Regierungspolitik distanzieren, zeigt sich, dass Schüssel nicht nur weit weg von den Menschen ist, sondern auch parteiintern die Zügel nicht mehr in der Hand hat."

Die SPÖ werde jedenfalls alle demokratischen Möglichkeiten sowie alle Mobilisierungs-Potenziale ausreizen, um das Pensionskürzungs-Modell zu Fall zu bringen, kündigte Darabos an.

Öllinger wirft Regierung "Raubzug" vor

Der Grüne Sozialsprecher Karl Öllinger wirft der Regierung bei der geplanten Pensionsreform einen "Raubzug auf Kosten der jüngeren Versicherten" vor. In einer Pressekonferenz sprach Öllinger am Mittwoch von einer inakzeptablen Vorgangsweise, schon Ende April nach nur vierwöchiger Begutachtung in einem "Ho-Ruck-Verfahren" einen Regierungsentwurf vorlegen zu wollen, der keine Harmonisierung und keine Reform für die Politiker vorsehe. Statt der derzeitigen Politikerpensionen würde Öllinger eine Pensionskassenregelung befürworten.

Dem Vorschlag von FPÖ-Klubobmann Herbert Scheibner, wonach die Politiker alle ihre bisher eingezahlten Beiträge herausnehmen könnten und diese in eine Pensionskassa einzahlen sollten, kann Öllinger einiges abgewinnen. Für neu anfallende Pensionen sollte es damit keine Politikerpension mehr geben. Das Pensionsantrittsalter sollte nach den Vorstellungen der Grünen wie im ASVG auf 65 Jahre angehoben werden. Eine Harmonisierung der Politikerpensionen an das ASVG mit Steigerungsbeträgen, Durchrechnung und Abschlägen hält Öllinger für "undenkbar".

Öllinger sieht bei den Politikerpensionen dennoch einen "dringenden Anpassungsbedarf". Er verwies darauf, dass einerseits die überwiegende Anzahl der derzeitigen Regierungsmitglieder einen doppelten Anspruch hätte. Andererseits würden die Abgeordnetenjahre nicht nur für eine Abgeordnetenpension angerechnet, sondern auch für eine Ministerpension. Einen Anspruch auf die alter Politikerpension haben nach Angaben Öllingers nicht nur 21 Abgeordnete, wie sein Kollege Peter Pilz vermutet hatte, sondern 27 Personen. Dazu kämen über 40 Politiker, die dafür optionsberechtigt gewesen seien. Von den Grünen hätten zwei Abgeordnete Anspruch auf die alte Politikerpension - nämlich Pilz und Andreas Wabl. Optiert für das alte System habe kein Grüner Abgeordneter, sagte Öllinger.

Der Grüne Sozialsprecher verwies darauf, dass ein Politiker nach dem alten System nach nur zehn Jahren knapp 3.000 Euro brutto Pension bekomme. Als Beispiele nannte er die ÖVP-Politiker Günter Stummvoll und Josef Höchtl, die in etwa 24 Jahren rund sieben Millionen Schilling einbezahlt hätten. Wenn sie daraus auch nur 20 Jahre lang eine Pension beziehen, würden sie dafür 28 Mill. S erhalten. Ein ASVG-Versicherter mit der Höchstpension von 2.364 Euro brutto müsse hingegen in 45 Jahren insgesamt sechs Mill. S einzahlen, um daraus 20 Jahre lang insgesamt neun Mill. S zu bekommen. "Das sind Relationen, die nicht vertretbar sind."

Für den ASVG-Bereich konstatierte Öllinger einen "Raubzug einer Raubritterregierung". Er verwies darauf, dass im Gegensatz zum Begutachtungsentwurf in einem früheren Ministerialentwurf die Aufwertung der früheren Beitragsjahre mit der Erhöhung der Löhne und Gehälter vorgesehen gewesen sei. Dass für den Herbst schon die nächste Reform angekündigt ist, hält der grüne Sozialsprecher für eine "Chuzpe".

Für diese nächste Reform befürchtet Öllinger "weitere Bösartigkeiten auf dem Rücken der Betroffenen". Das dafür geplante beitragsorientierte Pensionskonto würde eine Leistungsminderung um 30 bis 40 Prozent bedeuten. Der Bundeszuschuss würde damit wegfallen - mit Ausnahme der Abgeltung für Ersatzzeiten.

Eine Zustimmung der Grünen zu einer Volksabstimmung hält Öllinger zwar "im Prinzip" unter bestimmten Voraussetzungen für "denkbar". Das sei derzeit aber nur eine "rein fiktive Frage". Das Thema sei eigentlich schon gestorben, weil FPÖ-Chef Herbert Haupt erklärt habe, die Volksabstimmung nur mit Zustimmung der ÖVP zu machen. Öllinger forderte die FPÖ auf zu klären, was sie im Parlament tun wolle: "Stimmt sie dafür oder nicht." (APA)