Prag/Wien - Medienberichte über angebliche Geldflüsse rund um den Großauftrag der österreichischen Firma Steyr-Daimler-Puch Spezialfahrzeuge (SSF) für den Einkauf von 107 Pandur II-Radpanzer durch Tschechien sorgen immer mehr für Verwirrung.

Die Prager Tageszeitung Mladá fronta Dnes (MfD) brachte in ihrer Donnerstag-Ausgabe Auszüge aus Gesprächen mit zwei ehemaligen Managern des österreichischen Herstellers, die mit versteckter Kamera aufgenommen waren.

Die beiden Österreicher, Wolfgang Habitzl und Herwig Jedlaucnik, behaupten allerdings, es habe sich bloß um einen "bitterbösen Scherz" gehandelt, mit dem sie den recherchierenden Journalisten aufs Glatteis führen wollten.

Die Zeitung berichtete von angeblichen Interventionen Steyrs bei tschechischen Politikern rund um den Kauf der Panzerwagen im Wert von 538 Millionen Euro. Nach Meinung von Jedlaucnik hat der Lobbyist Jan Vlcek die Medienberichte über Steyr initiiert. Vlcek habe nach dem Scheitern eines Lobbying-Vertrages mit SSF im Jahr 2002 "Rache geschworen" . Laut Jedlaucnik habe Vlcek "aus Frustration auf eine Story - möglicherweise in Zusammenhang mit dem aktuellen BAA/Gripen-Skandal in Tschechien" gehofft.

In Tschechien sorgte die Nachricht nicht für Schenkelklopfen: Die tschechischen Sozialdemokraten kündigten Klagen wegen Verleumdung und Korruptionsverdachts in Tschechien und Österreich an. Es müsse völlig klargestellt werden, ob es bei dem Deal zu Schmiergeldzahlungen gekommen sei.

Kein Verständnis für den Scherz hat auch Rudolf Lohberger, Geschäftsführer der Arge Sicherheit und Wirtschaft der Wirtschaftskammer. Er sieht darin "keinen großen Dienst an der österreichischen Industrie" und sorgt sich um den SSF-Produktionsstandort in Wien-Simmering. Dort wurden 2009 120 von 450 Mitarbeitern abgebaut. SSF gehört seit 2003 wie Mowag zum US-Konzern General Dynamics. Lohberger fürchtet eine vollständige Verlagerung der Produktion von General Dynamics in die größeren Mowag-Werke in der Schweiz.

General Dynamics befindet sich in Europa in hartem Konkurrenzkampf mit dem finnischen Panzerwagenhersteller Patria, der ebenfalls mit Korruptionsvorwürfen - in Kroatien und Slowenien - konfrontiert ist.

MfD hält an ihren Berichten fest. In seiner Online-Ausgabe warf das Blatt den ehemaligen Steyr-Managern vor, nun "einen Rückzieher machen" zu wollen. (Eduard Müller, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.2.2010)