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Wien - Rund um Österreich erlebt die Nuklearenergie einen zweiten Frühling: Die Atomkraft ist in Europa wieder auf dem Vormarsch, ihre Befürworter in der Politik werden lauter.

In Deutschland steht die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken im schwarz-gelben Koalitionspakt, AKW-Neubauten soll es aber nicht geben. Jüngst forderte der deutsche Umweltminister Norbert Röttgen einen "schnellen Ausstieg aus der Atomenergie" und wurde dafür von Regierungsmitgliedern heftig kritisiert. Vor allem FDP und CSU sorgen sich um die deutsche Atomindustrie. Die Debatte rund um den deutschen "Ausstieg vom Ausstieg" aus der Atomenergie bleibt in Politik und Öffentlichkeit ein strittiges Thema.

Italiens Premier Silvio Berlusconi wiederum forciert den Wiedereinstieg in die Nuklearenergie. Dies widerspricht zwar einer Volksabstimmung von 1986, in der für den Atomausstieg votiert worden war. Dennoch lässt Berlusconi Standorte für neue Kraftwerke prüfen, 2013 könnten die Bauarbeiten beginnen. Atomstrom bekommt die Apenninenhalbinsel bereits früher, ein AKW in Albanien soll Strom für Italien liefern. Experten warnen allerdings vor der Erdbebengefahr am Standort in Nordalbanien.

Österreich umzingelt

In Tschechien ist ein Ausbau des AKW Temelín geplant (siehe Grafik): Neue Hochspannungsleitungen um 455 Millionen Euro werden errichtet - der größte Ausbau seit dem Fall des Eisernen Vorhangs. Ein noch größeres Projekt, der Bau von zwei neuen Blöcken in Temelín, gilt als fix und soll nach den Wahlen im Mai 2010 offiziell beschlossen werden.

Auch die Schweiz rüstet atomar auf, geplant sind zwei neue Reaktorblöcke. Die Bevölkerung befürwortet laut einer Umfrage die neuen Reaktoren. Geplant oder zumindest diskutiert wird über den Bau neuer AKWs in Slowenien, der Slowakei, Estland, Norwegen und der Ukraine. (eem, APA/DER STANDARD, Printausgabe, 18.2.2010)